J. Handelskauf, §§ 343 ff. HGB

Autorin: Yvonne Mannsfeld (Referendarin)

I. Anwendbarkeit

Findet ein beidseitiger Handelskauf iSd § 377 I HGB statt, greifen besondere Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten. Unterlässt der Käufer diese Obliegenheit kommt es zu einem Haftungsausschluss der in § 437 BGB normierten Mängelrechte, gem. § 377 II HGB.

Nach diesem gilt die Ware „als genehmigt“, sofern der Käufer seiner in § 377 I HGB benannten Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nicht nachkommt. Die Ratio des § 377 HGB zielt auf eine Beschleunigung der Geschäftsabwicklung und Stärkung der Rechtssicherheit für den Verkäufer iRe Handelsgeschäfts. Der § 377 HGB findet bei einem Kauf-, Tausch- oder Werklieferungsvertrag Anwendung. Bei den letzteren beiden, da diese wie ein Kaufvertrag bzw. nach Kaufrecht behandelt werden, gem. §§ 650, 480 BGB. Keine Anwendung findet er hingegen bei Werk- oder Leasingverträgen.

II. Voraussetzungen des Ausschlusses der Mängelrechte nach § 377 II HGB:

1. Vorliegen eines beidseitigen Handelskaufs

    a) Sowohl der Verkäufer als auch Käfer müssen Kaufmänner iSd §§ 1 ff. HGB sein

    b) Der Kaufvertrag muss für beide ein Handelsgeschäft iSd §§ 343, 344 HGB darstellen

2. Ablieferung der Ware (wie iSd § 446, 447 BGB)

3. Sach- oder Rechtsmangel gem. §§ 434, 435 BGB

  • Zu beachten: § 377 III HGB, sofern der Mangel nicht erkennbar war und sich erst später zeigt

4. Verletzung seiner Obliegenheit

  • Die Ware ist unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern bzw. iSd § 377 I HGB soweit es „nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist“ zu untersuchen

  • Im Falle eines Mangels ist dieser beim Verkäufer anschließend anzuzeigen (grds. formfrei)

  • Bei größeren Mengen oder einer Sukzessivlieferung hat zumindest eine stichprobenweise Untersuchung zu erfolgen, um seiner Obliegenheit nachzukommen

5. Keine Arglist des Verkäufers, § 377 V HGB

III. Streckengeschäfte

Folgender Fall: K kauft als Privatperson bei dem Händler eine Couch. Der Händler selbst bestellt diese daraufhin beim Hersteller und veranlasst die direkte Lieferung an K (sog. Streckengeschäft).

Der § 377 II HGB verlangt vom Händler, dass er die Ware unverzüglich nach der Ablieferung untersucht und eventuelle Mängel bei dem Verkäufer anzeigt. Dies ist im vorliegenden Fall in der Weise schwierig, da er die Couch selbst nie zu Gesicht bekommen hat. Eine Ansicht löst das Problem, indem sie den Grundsatz nur hinsichtlich der Frist modifizieren möchte. Damit hat der Händler seinen Kunden anzuweisen die Ware zu untersuchen und eventuelle Mängel anzuzeigen. Dies kann gem. § 476 I BGB jedoch nicht iRe Verbrauchsgüterkauf gelten. Für eine Privatperson darf zum einen keine Verkürzung der Verjährungsfrist nach § 438 BGB erfolgen und zum anderen trifft ihn die Obliegenheit des § 377 HGB nicht. Sofern der Kunde aber selbst ein Kaufmann ist, bedarf es einer modifizierten Frist gar nicht mehr, da für den Kunden als Kaufmann selbst der § 377 HGB greifen würde. Es greift die Ausnahme des § 377 III HGB, nach dem eine Mängelanzeige seitens des Händlers an den Hersteller erst nach Entdeckung, d.h. nach Mitteilung durch den Kunden, von ihm unverzüglich vorgenommen werden muss.