I. Schadensersatz neben der Leistung

Autorin: Yvonne Mannsfeld (Referendarin)

Mangelfolgeschäden oder auch Begleitschäden können zum einen bereits durch die Lieferung der mangelhaften Sache oder durch eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte Nacherfüllung entstehen. Vor allem bei Letzteren ist zu beachten, dass nicht die verkürzte Verjährung des § 438 I BGB eingreift. Zwar erfasst er die Verweisung des § 437 Nr. 3 BGB, doch er greift nur für Ansprüche, die an die Pflichtverletzung der Mangelhaftigkeit der Kaufsache anknüpfen.

1. Vertretenmüssen des Verkäufers

Im Rahmen des Vertretenmüssens nach § 280 I 2 BGB ist eine eventuelle Garantie oder Beschaffenheitsvereinbarung zu beachten. Eine solche liegt vor, wenn der Verkäufer ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten eine Beschaffenheit der Sache zusichert bzw. garantiert und zu erkennen gibt, dass er für alle Folgen einstehen will, die bei dessen Fehlen, entstehen. Es handelt sich um eine einseitige Garantieerklärung und führt zu einer verschuldensunabhängigen Haftungsverschärfung. Das Vorliegen einer Zusicherung und dessen Umfang bzw. Inhalt ist nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB zu bestimmen und muss konkret im Einzelfall bestimmt werden. Für die Bestimmung sind jedoch hohe Maßstäbe anzusetzen, denn aufgrund des hohen Risikos für den Verkäufer kann z.B. nicht bereits in jeder Werbeanzeige oder den technischen Angaben zu einem Produkt eine Zusicherung gesehen werden.

2. Schaden

Nach § 280 I BGB ist der durch die Pflichtverletzung kausal und zurechenbare Schaden, der durch die Lieferung der mangelhaften Sache entstanden ist, zu ersetzen. Der Schadensersatz neben der Leistung erfasst nicht das positive Interesse oder den sog. Mangelschaden. Dieser Anspruch richtet sich auf die sog. Mangelfolgeschäden, in der Gestalt, dass durch die mangelhafte Lieferung ein kausaler sowie zurechenbarer Schaden an anderen Rechtsgütern eingetreten ist. Für die Abgrenzung des Schadensersatzes neben von statt der Leistung sei an dieser Stelle auf das Schuldrecht AT Skript verwiesen.

(P1) Weiterfressender Mangel

Der weiterfressende Mangel liegt vor, wenn ein Mangel, der bei Gefahrübergang auf ein Teil der Kaufsache begrenzt war und nach Gefahrübergang die weitere Beschädigung oder komplette Zerstörung der Kaufsache selbst herbeiführt. Voraussetzungen sind für das Vorliegen eines solchen Mangels, dass zunächst allein ein funktional-abgrenzbares Teil betroffen war und der Mangelunwert, d.h. der Aufwand der Behebung des ursprünglichen Mangels, deutlich geringer war als die Beseitigung des späteren Mangels.

Während eine Ansicht einen Schadensersatz neben der Leistung annimmt, ist die Gegenansicht, die einen Schadensersatz statt der Leistung annimmt, überzeugender. Denn zum einen fällt bereits die Beseitigung der weiteren Beeinträchtigung unter die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers. Zum anderen handelt es sich dabei um einen Schaden an der Kaufsache selbst, der auch durch eine ordnungsgemäße Nacherfüllung hätte behoben werden können. In solchen Fällen ist es idR auch nicht mehr möglich den Mangel allein durch die Beseitigung des ursprünglichen Mangels zu beheben. Somit handelt es sich um einen Schadensersatz statt der Leistung. Zu beachten ist, dass der ursprüngliche und weiterfressende Mangel vor allem iRd Deliktsrechts bei der Rechtsgutverletzung strikt zu trennen sind. Der Käufer hat hinsichtlich des ursprünglichen Mangels nie Eigentum an einer mangelfreien Sache (Stichpunkt: Mangel bei Gefahrübergang) erworben. Insoweit kann sein Eigentum demnach auch nicht verletzt worden sein, sondern nur durch den weiterfressenden Mangel (siehe hierzu weiter: Skript DeliktsR).

(P2) Betriebsausfallschaden

Ein Betriebsausfallschaden ist gegeben, wenn der Käufer die Kaufsache aufgrund eines Mangels vorübergehend nicht nutzen kann.

Fall: K kauft am 15.02. bei V einen Pizzaofen für sein neues Restaurant. Am 01.03. zeigt sich, dass der Ofen nicht funktioniert. K ruft V sofort an. Er erzählt ihm von dem Mangel und fordert bis zum 02.03. eine Neulieferung. V reagiert nicht, sodass K sich am 04.03. ein Ersatzgerät mietet.

Unstrittig ist mittlerweile, dass es sich bei dem mangelbedingten Betriebsausfallschaden um einen Schadensersatz neben der Leistung handelt. Das ist auch nur sinnig, da der Schaden auch mit ordnungsgemäßer Nacherfüllung nicht entfallen würde. Z.B. im Fall oben, selbst wenn der V noch am 01.03. sich sofort mit einem Ersatzgerät auf den Weg machen würde, würde der Schaden ab der eigentlichen Inbetriebnahme und der Inbetriebnahme des Ersatzgerätes durch diese Nacherfüllung nicht entfallen.

Umstritten ist hingegen, ob für den Betriebsausfallschaden als Verzögerungsschaden auch die Voraussetzungen des § 286 BGB gegeben sein müssen. Die überzeugendere Ansicht sieht den mangelbedingten Ausfallschaden bereits von §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB ersatzfähig erfasst, ohne die Voraussetzungen des § 286 BGB. Hierfür spricht zum einen die Systematik des § 437 Nr. 3 BGB, der zwar auf §§ 281, 283 BGB ausdrücklich verweist, nicht aber auf den § 286 BGB. Zum anderen spricht der § 286 BGB von einer Nichtleistung und gerade nicht – wie hier – von einer erfolgten bzw. geleisteten Schlechtleistung. Vielmehr handelt es sich bei diesen um qualitativ unterschiedliche Leistungsstörungen, die entsprechend auch unterschiedliche Anforderungen voraussetzen. Für die Nichtleistung seitens des Verkäufers hat der Käufer den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aus § 433 I BGB und das allgemeine Leistungsstörungsrecht findet – mangels Gefahrübergang – Anwendung, während nach Gefahrübergang im Falle einer Schlechtleistung vor allem der Nacherfüllungsanspruch als modifizierter Primäranspruch greift. Letztlich besteht auch kein Erfordernis für die Anwendung des § 286 BGB, da beide Parteien iRd Kaufrechts hinreichend geschützt werden. Im Fall ist die richtige Anspruchsgrundlage für den 01. und 02.03. demnach der §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB.

Weiter hat K dem V im obigen Fall eine Frist zur Nacherfüllung bis zum 02.03 gesetzt. Bei dem Nacherfüllungsanspruch handelt es sich um einen echten Leistungsanspruch iFe modifizierten Primäranspruchs, mit dem der Schuldner bei nicht rechtzeitiger Vornahme in Verzug geraten kann. Die Vorwerfbarkeit knüpft an den Verzug der Nacherfüllung gem. § 439 I BGB. Der Anspruch auf Nacherfüllung entsteht dabei bereits mit der Übergabe der mangelhaften Sache. Mit Ende der Frist gerät der V in Verzug und K hat einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 1, 280 I, II, 286 BGB. Davon sind auch etwaige Mietkosten für das Ersatzgerät miterfasst.