Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin)
Das Ausnahmemodell sieht in der alic eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Ausnahme zum § 20 StGB und somit vom Schuldgrundsatz. Gegen dieses Modell spricht die Unvereinbarkeit mit dem Art. 103 II GG und dem darin verankerten Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ sowie dem Analogieverbot, da es sich um ein nicht geregeltes Institut zu Lasten des Täters handelt.
Das Tatbestandsmodell verlagert den Zeitpunkt der Beurteilung der Schuld auf den Zeitpunkt des „Sich-Berauschens“. Demnach beziehe sich das „bei Begehung der Tat“ gem. § 20 StGB auf die Herbeiführung des Defektes des Täters in Form der Schuldunfähigkeit.
Dafür spricht, dass die Tat bereits mit dem Sich-Betrinken als Ursache beginnt. Auch kann der Rechtsgedanke der mittelbaren Täterschaft herangezogen werden, da der Täter sich durch das Betrinken zu einem straflosen Werkzeug seiner selbst macht. Eine mittelbare Täterschaft liegt nicht tatsächlich vor (auch nicht analog – Analogieverbot im Strafrecht!), sondern es ist nur eine Vergleichbarkeit gegeben, sodass die alic als ein Fall verstanden werden kann, in dem eine Vorverlagerung des Verursachungsbeginns gegeben ist.
Es handelt sich um ein zweiaktiges Geschehen. Im ersten Akt setzt der schuldfähige Täter bewusst die Ursache für die eigentliche Tatbegehung. Im zweiten Akt begeht er die Tat in einem von ihm verursachten Zustand der Schuldunfähigkeit. Der Schuldvorwurf knüpft in diesen Fällen bereits an das Sich-Betrinken als Herbeiführung des Defekts an. Diese Herbeiführung des Defekts stellt gemäß dem Tatbestandsmodell den Beginn der Tatbestandsverwirklichung iSe Tathandlung dar. Dem zu Folge muss sich auf diesen Tatzeitpunkt des Sich-Betrinkens als Tathandlung sowohl der subjektive Tatbestand als auch die Schuld beziehen.
Eine derartige Vorverlagerung ist dem Strafrecht nicht gänzlich fremd. In Fahrlässigkeitsdelikten gibt es verschiedene Anknüpfungsmöglichkeiten für die Vorwerfbarkeit. Zu beachten ist dabei, dass eine alic nur iRv Erfolgsdelikten Anwendung finden kann, nicht jedoch bei Handlungsdelikten. Bei Letzteren knüpfen die Tatbestände an eine bestimmte Handlung an, sodass die Strafbarkeit gerade nicht an ein Sich-Betrinken iSe Tathandlung geknüpft werden kann.