Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin)
Bei Erfolgsdelikten ist zunächst die Kausalität zwischen der Handlung und dem konkreten Erfolg zu prüfen, d.h. der Erfolg muss in einem ursächlichen Zusammenhang zur Tathandlung stehen.
1. Äquivalenztheorie
Die Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs erfolgt nach der Äquivalenztheorie (auch conditio-sine-qua-non-Formel). Nach ihr ist eine Handlung kausal, sofern sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele. Wie der Name der Theorie bereits ausdrückt, sind dabei alle Bedingungen als gleichwertig (äquivalent) anzusehen. Aus ihr ergeben sich uferlose Ergebnisse (z.B. die Geburt eines späteren Mörders). Sie werden iRd objektiven Zurechenbarkeit weiter eingegrenzt.
Es gibt verschiedene Arten der Kausalität, die bekannt sein sollten:
a) Hypothetische Kausalität
A erschießt den B. B wäre jedoch aufgrund eines Aneurysmas im Gehirn wenig später ohnehin verstorben.
Auf den Umstand, dass der Tod des B später auf andere Art und Weise eingetreten wäre, kann sich A nicht berufen. Maßgeblich ist allein der ursächliche Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Geschehensverlauf und dem konkreten Erfolg. Es handelt sich daher bei dem Tod durch das Aneurysma um eine unbeachtliche Reserveursache, die der Handlung des A nicht seine Kausalität oder strafrechtliche Relevanz nehmen kann.
b) Überholende Kausalität
A vergiftet den B mit einem langsam wirkenden Gift. Bevor das Gift zum Tod des B führt, erschießt der C den B.
Hier wirkt die Kausalität der Erstbedingung (Gift von A) nicht bis zum Erfolg (Tod des B) fort. Das Erschießen des B ist somit ein überholendes Zweitereignis. In diesem liegt ein von der früher gesetzten Bedingung völlig unabhängiges Ereignis, welches eine neue Ursachenkette in Gang setzt und somit allein kausal für den Erfolg wird. Das Erstereignis tritt als unbeachtliche Reserveursache dahinter zurück. Hierbei ist Vorsicht geboten, denn der Kausalverlauf wird nicht unterbrochen, sofern das Zweitereignis an die früher gesetzte Bedingung anknüpft und sich somit bis zum Eintritt des Erfolges fortwirkt. Dies ist vor allem der Fall, wenn die dadurch geschaffene Lage ausgenutzt wird oder es in einem engen Zusammenhang zueinandersteht.
Bsp.: A schlägt B zusammen und lässt ihn schwer verletzt liegen. C findet den hilflosen B und raubt ihn aus.
c) Kumulative Kausalität
A und B mischen dem C unabhängig voneinander jeweils eine für sich nicht tödliche Dosis Gift in sein Essen. Der C stirbt aufgrund des Zusammenwirkens der zwei Dosen.
Jede Tathandlung für sich ist nicht kausal für den Tod. Erst das Zusammenwirken macht ihre Handlungen kausal. Dies ergibt sich bereits aus der Formel der Äquivalenztheorie, da keine der beiden Handlungen hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
d) Alternative Kausalität
A und B mischen dem C unabhängig voneinander eine tödliche Dosis Gift in das Essen des C.
Auch hier sind beide Handlungen kausal, denn sie können zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Dies stellt zwar einen kleinen Kunstkniff dar, jedoch sollte sich hier in einer Klausur nicht allzu lange aufgehalten werden.
2. Adäquanztheorie
Eine andere – vorwiegend im Zivilrecht verwandte Theorie – ist die Adäquanztheorie, die einen ursächlichen Zusammenhang verneint, sofern der Erfolgseintritt auf einem atypischen Kausalverlauf bzw. einem nach der Erfahrung des täglichen Lebens nicht mitzurechnenden Umstand beruht.
Nach ganz h.M. sollte die Kausalität im Strafrecht mit der Äquivalenztheorie beantwortet und die weiter erforderliche Einschränkung über die Lehre von der objektiven Zurechnung vorgenommen werden.