I. Dolus Directus 1. Grades - Die Absicht

Mit der stärksten Vorsatzform - namentlich mit Absicht-, handelt der Täter dann, wenn es ihm auf den Eintritt des Erfolges gerade ankommt, sein Wille sich also auf die Tatbestandsverwirklichung richtet.1 Insoweit ist unter Absicht auch das zielgerichtete Wollen zu verstehen.2

Dabei ist es nicht erforderlich, dass es sich bei dem vom Täter bewirkten Erfolg um den eigentlich angestrebten Endzweck handelt. Demgemäß ist es also als ausreichend zu erachten, dass der Erfolgseintritt vom Täter als ein notwendiges Zwischenziel begriffen wird.3

Als Zwischenziel in diesem Sinne werden Mittel bezeichnet, die aus Sicht des Täters zur Erreichung des Endzwecks unentbehrlich sind. Es besteht eine Mittel-Zweck-Relation und dies darüber hinaus auch unabhängig davon, ob dieser Zwischenerfolg dem Täter unerwünscht ist.4 Ein solches Zwischenziel ist von bloßen Nebenerfolgen, die außerhalb dieser Mittel-Zweck-Relation stehen abzugrenzen. Dies soll auch dann gelten, wenn sich der Täter sicher ist, dass solche Nebenerfolge eintreten werden. Die Vorsatzform der Wissentlichkeit wird dennoch weiterhin zu prüfen sein.5

Der zielgerichtete Wille kann mit dem Beweggrund, also dem Motiv der Tat, zusammenfallen. Dies muss jedoch nicht zwingend der Fall sein. Absicht ist also nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit dem Motiv und daher grundsätzlich davon abzugrenzen.6

Im Rahmen des dolus directus 1. Grades ist das Wollenselement (voluntativ) so dominant, dass das Wissenselement (kognitiv) hinter das voluntative Element zurücktritt. Es genügt also eine abgeschwächte Form des Wissen bei dominanter Ausprägung des Wollens. Der Täter kann den Erfolgseintritt demnach lediglich für „möglich“ oder gar für „unwahrscheinlich“ halten, wenn es ihm nur auf die Tatbestandsverwirklichung im Sinne eines zielgerichteten Wollens ankommt.7

Beispielhaft sei der Fall anzuführen, in dem ein Räuber seine Tatzeugen durch Schläge mit dem Gewehrkolben töten will, um seine Tat zu kaschieren, wobei er sich nicht sicher ist, also nicht sicher weiß, ob der Erfolg durch die Schläge herbeigeführt werden kann.8 Hier ist die Verdeckungsabsicht, die der Mord gemäß § 211 StGB voraussetzt, gegeben, obwohl der Täter sich des Erfolgseintritts ungewiss war. Etwas anderes soll nach h.M. nur gelten, soweit der Täter die Tatbestandsverwirklichung nicht für möglich hält und folglich überhaupt nicht damit rechnet. In einem solchen Fall entfällt auch der Vorsatz.9

Demgegenüber vertritt eine andere Ansicht, dass das voluntative Element namentlich das Erstreben des Erfolges derart intensiv hinsichtlich der Beziehung des Täters zu dem Erfolg sei, dass an das Wissenselements keine weiteren Anforderungen zu stellen, d.h. keine weiteren Merkmale erforderlich sind. Nach dieser Ansicht liegt Absicht also auch dann vor, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung anstrebt, jedoch gar nicht damit rechnet, dass der Erfolg überhaupt eintritt.10

  • 1. Satzger/Schmitt/Widmaier/Momsen, §§ 15, 16, Rn. 41.; Fischer, § 15, Rn. 6.; Heinrich, AT, Rn. 281.; Kindhäuser, § 15, Rn. 20.; Lackner/Kühl, § 15, Rn. 20.; Wessels/Beulke, AT, § 7, Rn. 211.
  • 2. Wessels/Beulke, AT, § 7, Rn. 211.; Satzger/Schmitt/Widmaier/Momsen, §§ 15, 16, Rn. 41.; BGHSt 29, 68 (73).
  • 3. Satzger/Schmitt/Widmaier/Momsen, §§ 15, 16, Rn. 41.; Rengier, AT, § 14, Rn. 8.; Wessels/Beulke, AT, § 7, Rn. 211.; Krey/Esser, AT, § 15, Rn. 378.; Heirnich, AT, Rn. 284.; Fischer, § 15, Rn. 6.
  • 4. LK/Vogel, § 15, Rn. 81.; ähnlich auch Rengier, AT, § 14, Rn. 8.; Vgl. auch Satzger/Schmitt/Widamier, §§ 15, 16, Rn. 41.
  • 5. LK/Vogel, § 15, Rn. 82.; Fischer, § 15, Rn. 6.
  • 6. Wessels/Beulke, AT, § 7, Rn. 211.; Krey/Esser, AT, § 12, Rn. 378.; Fischer, § 15, Rn. 6.; Lackner/Kühl, § 15, Rn. 20.
  • 7. Heinrich, AT, Rn. 281.; LK/Vogel, § 15, Rn. 84.; Krey/Esser, AT, § 12, Rn. 379.; Wessels/Beulke, AT, § 7, Rn. 211.; BGHSt 21, 283 (284).; Fischer, § 15, Rn. 6.; Roxin, AT I, § 12, Rn. 8.
  • 8. BGHSt 21, 283.; Roxin, AT I, § 12, Rn. 8.
  • 9. Heinrich, AT, Rn. 283.; LK/Vogel, § 15, Rn. 84f.
  • 10. LK/Schroeder, 11. Auflage, § 16, Rn. 76.