a) Definition zur Hypothetischen Kausalität und die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit

Die übliche Kausalitätsformel wird daher in der Art modifiziert, dass in dem Hinwegdenken der unterlassenden Handlung stattdessen ihre Negation, also die Vornahme der gebotenen Handlung gesehen wird. 1

Kurz gesagt, wird nicht danach gefragt, ob der Erfolg auch eintritt, wenn die gesetzte Bedingung hinweggedacht wird, sondern danach, ob der Erfolg auch eingetreten wäre, wenn die gebotenen Handlung vorgenommen worden wäre.2 Es ist also nötig, dass man sich fragt, was passiert wäre, wenn der Täter die Erfolgsabwendung nicht unterlassen hätte. Da dies im Ergebnis jedoch lediglich ein faktisches Resultat darstellt und sich die „Kausalität“ der unterlassenden Erfolgsabwendung und des eingetretenen Erfolgs lediglich auf eine Hypothese stützen kann, spricht man von einer hypothetischen Kausalität oder auch „Quasikausalität“.3

Die abgewandelte Definition sieht dann wie folgt aus: „Ein Unterlassen ist dann für den Erfolgseintritt kausal, wenn die geboten und physisch-reale Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.“4 Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass es sich bei dieser Abwandlung lediglich um die Umkehrung der conditio-sine-qua-non-Formel handelt.5

Wie bereits erwähnt, lässt sich lediglich eine Hypothese dahingehend aufstellen, ob die gebotene Handlung den Erfolg tatsächlich abgewendet hätte. Daher auch der Zusatz der mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“, der insbesondere von der h.M als Modifikation der abgewandelten Kausalitätsformel angenommen wird.6

Dem gegenüber lassen jedoch die Vertreter der Risikoerhöhungslehre verlauten, dass bereits die Verringerung des Risikos des Erfolgseintritts genügen soll und keine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (Risikoerhöhungslehre).

  • 1. Satzger/Schmitt/Widmaier/Kudlich, StGB-Kommentar, § 13, Rn. 10.
  • 2. BGHSt 6, 1(2).
  • 3. BGH NStZ 2003, 141, (143).
  • 4. BGHSt 37, 106, (126f).; BGH NStZ 2003, 141 (143).; Fischer, StGB-Kommentar, vor § 13, Rn. 39.; Rengier, Strafrecht AT, § 49, Rn. 13.
  • 5. Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Wohlers, StGB-Kommentar, § 13, Rn.14.
  • 6. Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Wohlers, StGB-Kommentar, § 13, Rn.15.