Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin)
Bei einem gutgläubigen Erwerb eines Anwartschaftsrechts ist zwischen zwei Fällen zu unterscheiden:
1. Gutgläubiger Ersterwerb vom Nichtberechtigten
D. h. hält der Erwerber, der eine Sache unter EV erwirbt, den Veräußerer für den Eigentümer der Sache, so ist ein gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts nach §§ 932 ff. BGB möglich.
- Hierbei ist es auch unschädlich, wenn der Erwerber zwischen Übergabe und Bedingungseintritt von der Nichtberechtigung erfährt (Stichwort: maßgeblicher Zeitpunkt für den guten Glauben).
2. Gutgläubiger Zweiterwerb vom Nichtberechtigten
D. h. der Veräußerer gibt sich fälschlicherweise als Inhaber eines Anwartschaftsrechts aus.
a) Besteht dieses Anwartschaftsrechts nicht, liegt der Mangel auf der schuldrechtlicher Ebene und ein gutgläubiger Erwerb scheidet von Anfang an aus. Es besteht schon kein hinreichender Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb.
b) Anders liegt der Fall, wenn das AnwR zwar besteht, der Verfügende jedoch für eine Übertragung nicht berechtigt ist. Die Wirksamkeit eines solchen gutgläubigen Zweiterwerbs ist umstritten:
e. A.: Das Anwartschaftsrecht ist als Rechtsposition für den gutgläubigen Erwerb aufgrund seiner stark schuldrechtlichen Komponente ungeeignet. Darüber hinaus knüpfe der Gute Glaube immer an die Eigentümerstellung. Dieser sei jedoch bereits zerstört, sofern der Veräußerer offenkundig als nur Anwartschaftsrecht-Berechtigter und demnach gerade als Nichteigentümer agiert.
a. A.: lässt den Zweiterwerb zu. Der Erwerber sei schutzwürdig und das Anwartschaftsrecht ein wesensgleiches Minus zum Vollrecht, sodass der Rechtsschein des Eigentums auch den Rechtsschein des Anwartschaftsrechts erfassen müsse. Dies hat den Hintergrund, dass bei Ablehnung des gutgläubigen Erwerbs, der vermeintliche Zweiterwerber trotz Zahlung und Herbeiführung der Bedingung kein Eigentum an der Sache erlangen würde, sondern der wahre Anwartschaftsrecht-Berechtigte Eigentum durch Leistung eines Dritten gem. § 267 BGB (wie beim echten Factoring nach wirtschaftl. Betrachtung: wer zahlt ist egal).
Merke:
Ein gutgläubiger Erwerb eines Anwartschaftsrechts ist nur möglich, wenn es tatsächlich ein existierendes Anwartschaftsrecht gibt!