8. Vertreter ohne Vertretungsmacht

Beim Vertreter ohne Vertretungsmacht (falsus procurator) treten die Folgen des § 164 BGB nicht ein. Der Vertrag bleibt gemäß § 177 I BGB schwebend unwirksam. Der Vertretene hat aber die Möglichkeit nach den §§ 182, 184 BGB das Rechtsgeschäft durch (nachträgliche) Genehmigung anzuerkennen.1 Sollte keine Genehmigung erteilt werden, haftet der falsus procurator gegenüber dem Dritten, in der Weise, dass er entweder den entstandenen Schaden (§ 179 I, II BGB) zu ersetzen hat, oder das Geschäft erfüllen muss (§ 179 I BGB).2 Das Wahlrecht liegt in diesem Fall beim Dritten.

Der Dritte ist weiterhin auch durch § 178 BGB geschützt, der es ihm ermöglicht, den Vertrag zu widerrufen, solange er noch nicht durch den Vertretenen genehmigt wurde. Der Widerruf kann sowohl gegenüber dem Vertreter, als auch gegenüber dem Vertretenen erfolgen.3

War dem Vertreter bei Abschluss des Geschäfts nicht bewusst, das er ohne Vertretungsmacht handelt, haftet er nur für den Schaden in Höhe des negativen Interesses. Agierte er aber im vollen Bewusstsein, muss er dem Dritten den Schaden in Höhe des positiven Interesses ersetzen (§ 179 I Alt. 1 BGB) oder den Vertrag erfüllen (Alt. 2).4

Die Haftung ist aber nach § 179 III BGB ausgeschlossen, wenn der Vertragspartner vom Fehlen der Vollmacht wusste, oder es hätte wissen müssen. In diesem Fall ist der Vertragspartner nicht schutzwürdig und hat das Risiko im Falle der Verweigerung selbst zu tragen. Das "Kennenmüssen", also die Fahrlässigkeit begründet sich erst durch eine Einzelfallbetrachtung. So ist der Vertragspartner grundsätzlich nicht dazu gezwungen Nachforschungen über die Vollmacht (Erteilung und Umfang) vorzunehmen. Erst bei begründetem Anlass ergibt sich eine Nachforschungspflicht.5

  • 1. MEDICUS, BGB AT, 10. Aufl., Rn. 975; LORENZ in JuS 2010, 382 (384).
  • 2. LORENZ in JuS 2010, 382 (384).
  • 3. KÖHLER, BGB AT, 36. Aufl., § 11 Rn. 43.
  • 4. MEDICUS, BGB AT, 10. Aufl., Rn. 979.
  • 5. KÖHLER, BGB AT, 36. Aufl., § 11 Rn. 71.