§ 117 BGB - Scheingeschäft

Dieser Artikel wurde bearbeitet von Martin Erhardt, stud.iur. in Leipzig

Beim Scheingeschäft gibt eine Person eine Erklärung nur zum Schein ab. Im Unterschied zu § 118 BGB hat der Erklärungsempfänger hier Kenntnis von der nicht ernstlich gemeinten Willenserklärung und erklärt sich mit dieser auch einverstanden.1 Hier muss es sich stets um empfangsbedürftige Willenserklärungen handeln. Dies ergibt sich zum einen aus dem Einverständniszwang des Gesetzes, kann jedoch zum anderen auch aus Sinn und Zweck der Norm erschlossen werden. Ziel ist es ja hier zum Nachteil eines Dritten zusammenzuwirken. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn die Wirksamkeit der Willenserklärung nur vom Erklärenden abhängt. Ein solcher Fall ist zum Beispiel eine Kündigung. Unabhängig davon, ob sich der Empfänger damit einverstanden erklärt, entfaltet sie trotzdem Wirkung.2

Im Rahmen des Scheingeschäfts verfolgen beide Parteien zumeist das Ziel einen oder mehrere Dritte, auf die das Rechtsgeschäft Einfluss hat, zu täuschen. So könnte man versuchen sich steuerliche Vorteile zu erschleichen, indem man beim Kauf eines Grundstücks einen niedrigeren Preis angibt, in Wirklichkeit aber unter der Hand einen höheren bezahlt. Solche Geschäfte sind jedoch nach § 117 I BGB nichtig. Beide Parteien haben sich ja schon im Vorfeld damit einverstanden erklärt, dass die abgegebene Willenserklärung für sie keine Wirkung entfaltet.3 Deshalb ist auch der Erklärungsempfänger in diesem Fall nicht schutzwürdig.4

Vielmehr soll eine anderes hinter dem Scheingeschäft stehendes anderes Geschäft gelten. Auf dieses verdeckte (dissimulierte) Geschäft finden gemäß § 117 II BGB die dafür geltenden Vorschriften Anwendung. So kommt hier der Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" zum tragen. (Sehr gut hierzu der Haakjöringsköd - Fall (RGZ. 99, 147) zum Verständnis.) Dieses beinhaltet, dass beide Parteien zwar eine falsche Erklärung abgeben aber das richtige meinen. Bei einer solchen Kostellation kommt das Geschäft, welches sie eigentlich abschließen wollten, zu Stande.5 Anders ausgedrückt: Wenn A von B ein Meerschweinchen kaufen möchte, er es aber als Hamster bezeichnet und B sich damit einverstanden erklärt, ihm diesen "Hamster" zu überlassen, dann kommt das Rechtsgeschäft trotzdem zu stande. Es spielt also keine Rolle, ob beide Parteien das Tier als Hamster bezeichnen, solange ihr innerer Wille auf das Meerschweinchen gerichtet ist.

Auch wenn das Scheingeschäft zwischen dem Erklärenden und dem Erklärungsempfänger keine Wirkung entfaltet, so tut es doch das dissimulierte Geschäft. Dies gilt zumindest, wenn das Rechtsgeschäft nicht gegen die guten Sitten oder gegen ein Gesetz verstößt.6 Dazu noch folgendes Beispiel:

"Drei Finger" Jacks erster Maat (M) schließt mit dem Halunken (H) ein Geschäft über den Verkauf von Bananen nur zum Schein ab. Eigentlich, und das ist auch beiden klar, befinden sich in der Kiste Säbel und Musketen.

Zwischen M und H würde normalerweise ein Rechtsgeschäft über die Veräußerung der Waffen zustande kommen. Da jedoch deren Verkauf gegen das Gesetz verstößt, findet hier § 135 BGB Anwendung. Das Rechtsgeschäft ist also nichtig.7

  • 1. Preuß in Jura 2002, 815 (819); Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl., Rn. 323; Rüthers/Stadler, BGB AT, 17. Aufl., § 25 Rn. 7.
  • 2. Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl., Rn. 323.
  • 3. Coester-Waltjen in Jura 1990, 362 (364).
  • 4. Rüthers/Stadler, BGB AT, 17. Aufl., § 25 Rn. 8.
  • 5. Preuß in Jura 2002, 815 (820); Medicus, BGB AT, 10. Aufl., Rn. 594.
  • 6. Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl., Rn. 324.
  • 7. vgl. Köhler, BGB AT, 36. Aufl., § 7 Rn. 9.