2. Das Schweigen als Willenserklärung

Schlussendlich bleibt noch die Frage, ob auch das Schweigen als Willenserklärung aufgefasst werden kann.

Beispielfall E: Antje (A) will ihren Handy-Vertrag wechseln und bestellt mündlich am Telefon das „Klingel-Spar-Paket-500“ für 35,00€ des Anbieters X. Nach einer Woche kriegt A einen Brief von X, dass sie sich über „die Bestellung freuen“, zur A jedoch besser das „Super-Special-Paket-1000 für 70,00€ passen würde“. Wenn sie das Angebot nicht „ausdrücklich ablehnt“, dann würde der Vertrag mit dem neuen Inhalten „automatisch geschlossen.“. Als A aufgrund des Stresses mit der neuen Arbeit nicht antworten kann, bucht die X nach zwei Wochen zum ersten Mal die 70,00€ von A’s Konto ab. Zu Recht?

Beispielfall F: Sabine Schlachter (S) lässt sich für ihre Metzgerei jeden Donnerstag um 14:00 Uhr frische Schweine von Bauer Bodendoof (B) anliefern. Dies ist vorher zwischen den Beiden einmal so vereinbart worden, ohne einen längerfristigen Liefervertrag geschlossen zu haben. Diesen Donnerstag ist es wieder soweit: B steht mit einer frischen Ladung Schweine vor der Metzgerei. Jedoch öffnet niemand die Tür. Als B bei S anruft, und sich erkundigen will, erwidert diese „Ich bin im Urlaub – diese Woche brauche ich keine Schweine!“. B verlangt die Abnahme der Schweine und den Kaufpreis von S. Zu Recht?

Im Beispielfall E ist es natürlich besonders kritisch, ob das Schweigen der A als schlüssiges Verhalten gesehen werden kann. Schweigen, Ignorieren, dass „nicht-tätig-werden“ reicht im Grundsätzlichen nicht als Willenserklärung aus. Ausnahme bilden hier denjenigen Fälle, in denen es gesetzlich angeordnet ist (siehe hierzu z.B. § 516 Abs. 2 S. 2 BGB; § 416 Abs. 2 S.2 BGB; § 455 S. 2 BGB, § 362 HGB), oder wenn dieses Verhalten so von den Parteien vorher vereinbart wurde.1 Im Beispielfall E also muss sich die A die „Aufstockung“ ihres Angebots nicht gefallen lassen, da sie dies niemals so erklärt hat. Im Beispielfall F müsste die S jedoch die Schweine abnehmen, wenn sie nicht vorher den B auf ihren Urlaub hingewiesen hätte.

  • 1. Zerres: S. 39; Musielak, Rn.: 42.; Bork: Rn.: 574.