C. Die Annahme

I. Begriff und Inhalt

Da unserer Rechtsordnung wie oben beschrieben das Prinzip der Privatautonomie zugrunde liegt, steht es jedem, dem ein Angebot unterbreitet wurde frei, dieses anzunehmen oder lieber darauf zu verzichten. Eine Verpflichtung zur Annahme besteht nur, wenn die Parteien sich schon vorvertraglich gebunden haben bzw. wenn ein Kontrahierungszwang (siehe unten) besteht. Wie das Angebot ist auch die Annahme eine empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Zugang nur im Ausnahmefall des § 151 BGB nicht erforderlich ist. Die Annahme kann vom Empfänger nur solange abgegeben werden, wie der Antrag des anderen wirksam ist bzw. noch fortbesteht. Wie lange der Empfänger Zeit hat, das Angebot anzunehmen, bestimmen die §§ 146 ff. BGB. Klar von der Annahme muss man die Empfangsbestätigung trennen, welche dem Antragenden nur den Zugang des Angebots mitteilt, jedoch noch keine Annahme enthält – freilich ist das Bestätigungsschreiben mit einer Annahmeerklärung verknüpfbar. Für Händler oder Anbieter im Internet ist eine Empfangsbestätigung seit dem 1.1.2002 im Fernabsatz (§ 312 b BGB) nach § 312 g I Nr. 3 BGB vorgeschrieben. 1

II. Annahmearten
1. Form

Bei der Annahme ist für die Herbeiführung eines Vertragsabschlusses grundsätzlich keine Form vorgeschrieben, es sei denn, das Gesetz fordert eine bestimmte Form. Dies ist der Fall bei einer notariellen Beurkundung oder bei dem Zusatz: in Schriftform. Das gleiche gilt, wenn der Anbietende eine besondere Form für die Annahme vorgibt wie eine persönliche Übergabe, Schriftform etc.2

2. Das Schweigen nach Bürgerlichem Recht

Grundsätzlich spielt Schweigen im Bürgerlichen Recht keine ausschlaggebende Rolle, es ist ein so genanntes rechtliches nullum und bedeutet, dass man sich „bewusst nicht äußert“.3 Daher ist Stillschweigen auch grundsätzlich keine Willenserklärung und damit keine Annahmeerklärung für ein unterbreitetes Angebots. Für das Verbraucherschutzrecht ist die Unbedeutsamkeit von Schweigen ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen worden (§ 241 a I BGB). Typisches Beispiel dafür, dass Schweigen zu keinem Vertragsschluss führt, sind die Fälle, in denen ein Unternehmer dem Verbraucher unbestellte Ware (z. B. eine CD) zusendet. Fraglich war bisher, wie lange der Empfänger die Ware aufbewahren muss. Wirft der Empfänger die Ware in den Müll, könnten nämlich Schadensersatz-Ansprüche seitens des Unternehmers entstehen. Nun kann der Empfänger nach § 241a I BGB die Ware bei Nicht-Gefallen wegwerfen oder aber auch das Angebot annehmen, indem er dies ausdrücklich oder konkludent (z. B. durch Überweisung des Kaufpreises) erklärt. Eine Gebrauchnahme der Ware galt bisher auch als konkludente Annahmeerklärung gegenüber dem Unternehmer. Der Empfänger wäre demnach zur Kaufpreiszahlung verpflichtet.4 Nach heute verbreiteter Meinung jedoch soll die Gebrauchnahme nicht mehr als Annahmeerklärung gewertet werden. Der Empfänger der unbestellten Ware kann sich demnach aussuchen, ob er die Ware behält oder wegwirft.5

Nur in Ausnahmefällen wird Schweigen als Willenserklärung aufgefasst. Einige gesetzlich normierte Fälle (z. B. §§ 416 I 2, 516 II 2 BGB und § 455 S. 2 BGB) fingieren eine Willenserklärung, die ausnahmsweise zum Vertragsschluss ausreicht. Auch können zwei Parteien miteinander vereinbaren, dass sie Schweigen als Willenserklärung akzeptieren.6

3. Annahme gem. § 150 BGB

Eine Annahme muss grundsätzlich rechtzeitig erfolgen. Kommt sie verspätet beim Antragenden an, also wird sie ihm nicht innerhalb der Frist zugetragen, gilt sie gem. § 150 I BGB als neuer Antrag. Hier kommt es erneut darauf an, dass die Annahme dem Antragenden rechtzeitig zugegangen ist (Redundanz).7

Der Empfänger muss natürlich mit dem Angebot einverstanden sein. Hat der vermeintlich Annehmende seine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen vorgenommen, gilt diese Annahme, die im rechtlichen Sinne gar keine ist, dann gem. § 150 II BGB als Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Antrag.8

4. Ausnahme: Verspätete Annahme gem. § 149 BGB

Der Grundsatz des § 150 I BGB, der besagt, dass eine Annahme, die nicht innerhalb der gesetzlichen bzw. gewillkürten Frist vorgenommen wurde, als neuer Antrag gewertet wird, erhält durch § 149 BGB eine Einschränkung. Diese Norm lässt ausnahmsweise eine verspätete Annahmeerklärung zu, wenn sie vom Angebots-Empfänger so abgeschickt wurde, dass sie im Normalfall den Antragenden rechtzeitig erreicht hätte. Dies müsste vom Antragenden erkennbar gewesen sein. In solch einem Fall muss die Verspätung nach dem Empfang der Erklärung vom Antragenden unverzüglich angezeigt werden (§ 149 I BGB). Verzögert er die Anzeige, so gilt die Annahme gem. § 149 II BGB als nicht verspätet.9

Beispiel 3: Henry bietet Klaus in seinem Brief am 21. September ein sechsteiliges Kaffeeservice mit Pfauenmuster zum Preis von 100 Euro an mit einer Annahmefrist bis zum 29. September. Das Schreiben erhält Klaus am 22. September. Er ist überglücklich über das tolle Angebot und schreibt dem Henry gleich zurück, dass er das Angebot gerne annehmen würde. 2 Tage später, am 24. September, bringt er sein Schreiben zur Post. Aus Versehen verkantet sich der Brief im Aufbewahrungsbehälter und bleibt für ein paar Tage unbemerkt in einer Ecke klemmen. Er kommt erst eine Woche später, am 1. Oktober bei Henry an; diesem ist die unregelmäßige Beförderung bewusst. Ist der Vertrag zwischen Henry und Klaus zustande gekommen?

Lösung zu Beispiel 3: Die Annahmeerklärung des Klaus ist im Beispielfall verspätet bei Henry angekommen, da die Annahmefrist (29. September) am 1. Oktober natürlich schon verstrichen ist. In diesem Fall lag das aber nicht an Klaus, sondern an dem Beföderungsunternehmen. Dem Henry war das auch bewusst. Somit ist § 149 S. 1 einschlägig: Möchte Henry den Vertrag nicht mehr, hätte er dem Klaus unverzüglich mitteilen müssen, dass der Brief verspätet ankam. Da er das nicht getan hat, gilt die Annahme gem. § 149 S. 2 als nicht verspätet. Ein Vertrag zwischen Henry und Klaus ist entstanden. Etwas anderes würde gelten, wenn Klaus die falsche Adresse auf den Brief geschrieben hätte.

5. Ausnahme gem. § 151 BGB

Eine weitere Ausnahme stellt § 151 BGB dar: Die Annahme muss in diesem Fall nicht gegenüber dem Antragenden abgegeben werden. Und zwar dann nicht, wenn die Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf die Annahmeerklärung verzichtet. Somit ist die Annahme in diesem Fall eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Frist für das Erlöschen des Angebots ergibt sich aus dem Antrag bzw. aus dem Willen des Antragenden. 10

Beispiel 4: a) Gerd hat vor mit dem Fahrrad bis nach Süddeutschland zu fahren, um mal richtig auszuspannen. Ein Mobiltelefon will er deshalb nicht mitnehmen. Kurz vor seiner Abreise bucht er noch schnell per Fax ein Hotelzimmer in Tauberbischofsheim, einem Zwischenstopp. Kurz danach fährt er ohne eine Bestätigung los. Ist der Beherbergungsvertrag zustande gekommen?

b) Simone hat im neuen „Noch schöner“-Katalog ein rotes Kleid gefunden, das ihr sehr gut gefällt. Sie bestellt das Kleid beim Versandhandel „Noch schöner“, bekommt jedoch keine Bestätigung. Ist der Vertrag zustande gekommen?

Lösung zu Fall 4: Im Fall 4 a) ist Gerd schon losgefahren, bevor das Hotel ihm irgendwie mitteilen konnte, dass es mit dem Beherbergungsvertrag einverstanden ist. Da Gerd auf seiner Tour nicht erreichbar ist (er hat kein Handy dabei), muss man in der Buchung einen konkludenten Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung sehen. Es reicht somit aus, dass das Hotel Vorkehrungen trifft, die als Annahme zu verstehen sind, wie zum Beispiel Gerds Reservierung in den Computer eingeben. Der Vertrag zwischen Gerd und dem Hotel ist damit zustande gekommen.11

4 b) behandelt den Fall, bei dem nach der Verkehrssitte keine Annahmeerklärung vonnöten ist. Im Versandhandel ist es meist üblich, nach der eingegangenen Bestellung keine ausdrückliche Bestätigung oder Annahmeerklärung mehr an den Antragenden zu senden. Die Annahme geschieht dann spätestens mit der Zusendung der bestellten Ware und lässt den Vertrag zustande kommen.12

6. Ausnahme gem. § 152 BGB

Gem. § 152 BGB kommt ein notariell beurkundeter Vertrag auch dann zustande, wenn nicht beide Teil gleichzeitig anwesend sind. Der Vertrag wird schon bei der Beurkundung geschlossen und nicht erst beim Zugang der Annahme. Die Annahme ist in diesem Fall ebenso eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung.13

  • 1. Brox/Walker, § 8, Rn. 176 ff.; Wolf/Neuner, § 37, Rn.25 ff.
  • 2. Schmidt, Rn. 454.
  • 3. Rüthers/Stadler, § 17, Rn. 24.
  • 4. Rüthers/Stadler, § 17, Rn. 29.
  • 5. Palandt/Grüneberg, § 241 a, Rn. 6; BGH JuS 2004, 162.
  • 6. Schmidt, Rn. 237; Rüthers/Stadler, § 17, Rn. 29.
  • 7. OLG Rostock NJW-RR 1998, 526, 527; Bork, Rn. 727.
  • 8. Brox/Walker,Rn. 171; Medicus, Rn. 375.
  • 9. Bork, Rn. 732; Palandt/Ellenberger, § 149, Rn. 1 ff.
  • 10. BGH NJW-RR 1986, 1301; Rüthers/Stadler, § 19, Rn. 27
  • 11. Boemke/Ulrici, § 7, Rn. 46
  • 12. Jauernig, § 151, Rn. 3
  • 13. Palandt/ Ellenberger, § 152, Rn.1; Bamberger/Roth/H.-W. Eckert, § 152 Rn.1 f.