2. Das Erklärungsbewusstsein

Das Erklärungsbewusstsein ist das Bewusstsein darüber gerade eine Erklärung mit rechtlich relevantem Inhalt abzugeben (Musielak: Rn.: 55) - das Wissen darüber, gerade mit Rechtsbindungswillen zu handeln.1 Fehlt es, so ist eigentlich davon auszugehen, dass der Erklärende keine wirksame Willenserklärung abgegeben hat.

An dieser Stelle kommt jedoch die Verbindung zur Geltungstheorie: Wenn der Erklärende zwar ohne Erklärungsbewusstsein gehandelt hat, er jedoch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Handeln nach der Verkehrsauffassung als rechtlich relevant durch Dritte eingestuft wird, dann muss der Erklärende sich dieses Handeln zurechnen lassen.2 Dies nennt man auch das potentielle Erklärungsbewusstsein.

Für Fall H heißt das: Obwohl B mit dem Heben des Armes nur einen Gruß an M richten wollte, zeigte er dadurch gleichzeitig dem Auktionator die Abgabe eines Angebots (=rechtlich relevantes Handeln) an. Dies ist ihm auch zuzurechnen, da er von der dortigen Verkehrssitte wusste oder zumindest hätte erkennen können (dies aber aus Fahrlässigkeit nicht tat), dass das Heben des Armes die Abgabe eines Angebotes bedeutet. Somit ist eine wirksame Willenserklärung mit Handlungswille und Erklärungsbewusstsein, aber ohne Geschäftswillen zustande gekommen (was das wiederum bedeutet erläutern wir im nächsten Punkt). Gegenansichten würden hier, ähnlich wie bei der Diskussion zum Geltungsgrund der Willenserklärung, auf den fehlenden rechtlichen Bindungswillen des B abstellen.3

  • 1. Boemke/Ulrici: §5 Rn.: 10.
  • 2. BGHZ, 91, 324; BGHZ,109, 177.
  • 3. vgl. hierzu Leipold: § 17 Rn.: 14 ff.