2. Die Abgabe der Willenserklärung

Unter der Abgabe versteht man das wissentliche und willentliche Versenden der Erklärung in Richtung des Empfangenden.1 Die Erklärung muss dergestalt auf den Weg gebracht werden, dass sie den Machtbereich des Erklärenden verlässt (Einwerfen in Briefkasten des Empfangenden, Übergabe durch Stellvertreter / Boten,…). Bis zur Vollendung der Abgabe trägt der Erklärende noch das Risiko der fehlerhaften Übermittlung, er muss in dieser Zeit also alle abgelaufenen Fristen, nicht eingegangenen Verträge, etc. gegen sich gelten lassen.2

Problematisch ist der Fall der Abgabe der Erklärung ohne das Wissen und den Willen des Erklärenden. Der Erklärende hat hier keinerlei Einflussmöglichkeit (mehr) auf den Inhalt der Willenserklärung Bringt ein Dritter, der im Machtbereich des Erklärenden steht, die Erklärung auf den Weg, so liegt für manche Vertreter ein analoger Fall der Erklärung ohne Erklärungsbewusstsein vor3, mit dem Recht zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB und einer Schadensersatzpflicht auf den Vertrauensschaden.

Nach einer anderen Ansicht hingegen ist es nach den aus § 172 Abs. 1 BGB gedeuteten Grundsätzen zu überhaupt keiner Erklärung gekommen, der Empfänger kann jedoch gemäß den Regeln über den fehlerhaften Vertragsschluss nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB ebenfalls Ersatz seines Vertrauensschadens geltend machen.4

  • 1. BGH NJW, 1979, 2033; Leipold: § 12, Rn.: 7.
  • 2. BGHZ, 137, S. 209; Köhler, § 6 Rn.: 13.
  • 3. Medicus : Rn.: 266
  • 4. BGHZ, 65, S. 13ff.; Köhler: § 6 Rn.: 12.