II. Die Bestandteile des Willens

Nachdem wir uns die Form der Erklärung angeschaut haben, kommen wir zu den Tatbestandsmerkmalen des inneren Willens. Dieser besteht aus Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille. Welche von den drei Bestandteilen müssen für eine wirksame Willenserklärung vorliegen? Welche sind nicht unbedingt nötig? Zur Erläuterung der Bestandteile und ihrer Wirkung eine kleine Replik der berühmten „Trierer Weinversteigerung“.1

Beispielfall G: Gustav Gassen (G) und Burkard Bauer (B) sitzen zusammen im berühmten Auktionshaus von Trier um sich die neueste Weinversteigerung anzuschauen. Die ortsübliche Sitte sieht vor, dass zur Abgabe eines Angebots lediglich das Heben der Hand ausreicht, was G und B auch bewusst ist. Als die Versteigerung einer Kiste des beliebten „Dittwarer Ölkuchen Jahrgang 2008“ an der Reihe ist, sieht G, dass B mal wieder eingedöst ist, jedoch weiß er, dass B diese Flaschen unbedingt haben wollte. G hebt B’s Arm, der regungslos auf seinem Bauch ruht, in die Luft. B kriegt den Zuschlag für den Wein.

Beispielfall H: B und G sitzen immer noch in der Auktion. Bei der Versteigerung einer Kiste „Schwarzriesling Südhang Jahrgang 2007“ sieht B plötzlich seine alte Freundin Marianne (M) durch die hintere Tür hereinkommen. Geistesabwesend hebt er die Hand zum Gruß, daraufhin kriegt B den Zuschlag für den Wein.

Beispielfall I: Später am Tage ist die Auktion immer noch nicht vorbei. B verliert langsam die Kraft aus seinem Vormittagsschlaf und beginnt wieder einzudösen. Im Halbschlaf hört er nur die Worte des Auktionators: „Eine Flasche Badische Spätlese – Jahrgang 1980!“. Diese Flasche wollte B unbedingt haben, deswegen reißt er seinen
Arm nach oben. Daraufhin bemerkt er jedoch, dass die Auktion schon längst weiter ging und er nun den Zuschlag für ein Fass mit „Südthüringischem Fussel-Verschnitt Jahrgang 2012“ bekommen hat.

In welchen Fällen ist B rechtlich verpflichtet den Wein abzunehmen und den Kaufpreis zu zahlen?

  • 1. Isay, Hermann. Die Willenserklärung im Tatbestande des Rechtsgeschäfts, S. 25.