Autorin: Kim Alexandra Reichenbach (Referendarin)
Jedem Gutachten mit der Frage nach vertraglichen Ansprüchen ist zunächst voranzustellen, ob ein Vertrag überhaupt zustande gekommen ist.
Im BGB gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, d.h. jede Partei kann frei entscheiden, ob und mit wem sie einen Vertrag schließen möchte (sog. Privatautonomie).
Ein Vertrag ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft. Anders als z. B. das Testament oder die Auslobung, die einseitige Rechtsgeschäfte darstellen, kommt ein Vertrag nur durch zwei oder mehrere übereinstimmende Willenserklärungen zustande.
Definition: Eine Willenserklärung ist die auf einen Rechtserfolg gerichtete Willensäußerung. Bei einem Vertrag sind diese das Angebot und die Annahme (§§ 145 ff. BGB). Ausnahmsweise kann die Annahmeerklärung gem. § 151 Abs. 1 S. 1 BGB unterbleiben, wenn sie nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist.
Achtung: Es kann nur die Erklärung der Annahme gegenüber dem Vertragspartner ausbleiben. Es bedarf weiterhin einer wirksamen Annahme des Angebots, um den Vertrag zustande kommen zu lassen.
Definition: Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die alle vertragswesentlichen Bestandteile enthält (essentalia negotii) und durch die der Vertragsschluss einem anderen so angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrages nur noch von dem Einverständnis des Empfängers abhängt.
Was die wesentlichen Vertragsbestandteile sind, unterscheidet sich je nach Typus des zugrunde liegenden Vertrages. Bei einem Kaufvertrag i.S.d. § 433 Abs. 1 BGB sind die essentalia negotii Kaufsache, Preis und die Namen der Vertragsparteien. Das Gegenstück zu den essentalia negotii bilden die accidentalia negotii, die nur vertragliche Nebenpunkte betreffen. Diese sind für einen Vertrag nicht zwingend erforderlich.
Definition: Die Annahme ist eine einseitig empfangsbedürftige und vorbehaltlose Willenserklärung, aus der sich der Annahmewille des Angebots unzweifelhaft ergibt.
Eine Willenserklärung ist entweder empfangsbedürftig (wie das Angebot) oder nicht empfangsbedürftig (wie das Testament). Die Art der Willenserklärung ist für ihr Wirksamwerden entscheidend und an entsprechender Stelle des Gutachtens zu erörtern.