Autorin: Kim Alexandra Reichenbach (Referendarin)
Einbeziehen der AGB in den Vertrag
§ 305 Abs. 2 BGB
Die AGB müssen in den Vertrag einbezogen sein, um den Vertragsinhalt wirksam regeln zu können. Anforderungen finden sich in § 305 Abs. 2 BGB, wonach für die Einbeziehung in Nr. 1 – 3 folgende Voraussetzungen kumulativ („und“) vorliegen müssen:
Gem. § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB muss der Verwender auf die AGB ausdrücklich und ortsbezogen hinweisen oder deutlich sichtbar aushängen. Es genügt z. B. der Hinweis auf die AGB auf der Rückseite des Vertrages oder das Aushängen in Zügen, Bussen etc.
Gem. § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss eine für den anderen Teil zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB bestehen. Dies ist immer im Einzelfall zu betrachten, d.h. körperliche Einschränkungen wie Sehbehinderungen sind zu berücksichtigen.
Außerdem muss die andere Vertragspartei gem. § 305 Abs. 2 BGB a.E. mit den AGB einverstanden sein und dies entweder ausdrücklich oder konkludent erklären. Ein konkludentes Einverständnis ist anzunehmen, wenn die Voraussetzungen Nr. 1 und Nr. 2 vorliegen und der Vertragspartner nicht widerspricht.
Achtung: In der Inanspruchnahme der Leistung liegt bereits ein konkludentes Einverständnis, d.h. die widersprüchliche Erklärung nicht einverstanden zu sein, lässt das Einverständnis unberührt (protestatio facto contraria).
Beispiel:
M steigt in die U-Bahn, um mit ihr zu seinem Arbeitsplatz fahren zu können und erklärt dabei mit der Zahlung des Beförderungsentgeltes, das die AGB der öffentlichen Verkehrsmittel für eine Nutzung regelmäßig vorsehen, nicht einverstanden zu sein. Durch seinen Widerspruch wird die AGB-Klausel nicht etwa unwirksam, denn er nimmt die Leistung tatsächlich in Anspruch.
Rahmenvereinbarungen
AGB können auch durch Rahmenvereinbarungen gem. § 305 Abs. 3 BGB wirksamer Bestandteil eines Vertrags werden, z. B. bei Bankgeschäften.
Keine überraschende Klausel
Klauseln, die nach ihrem Erscheinungsbild ungewöhnlich und daher vom Verwender nicht zu erwarten sind, werden kein Vertragsbestandteil, vgl. § 305c Abs. 1 BGB.
Vorrang der Individualabrede
Gem. § 305b BGB sind Individualvereinbarungen immer vorrangig vor AGB-Klauseln. Auch mündliche Individualvereinbarungen gehen schriftlichen Klauseln vor.
Beachte bei der Auslegung von AGB § 305c Abs. 2 BGB. Unklar formulierte AGB-Klauseln sind immer zugunsten der Vertragspartei auszulegen. Der Verwender trägt das Risiko.
Sonderfall: Sich widersprechende AGB
Bei zwischen Unternehmern geschlossenen Verträgen kann es passieren, dass sich deren AGB widersprechen. Ist dies der Fall, wollte eine früher vertretene Auffassung der Rechtsprechung diejenige Klausel für wirksam erklären, die zuletzt genannt wurde (sog. Theorie des letzten Wortes). Aufgrund mangelnder Praktikabilität und der Erschwerung von Vertragsschlüssen löst die Gegenansicht das Problem nach den Grundsätzen des Dissens gem. §§ 154, 155 BGB. Sich widersprechende AGB sollen nicht Vertragsbestandteil werden. Solche Klauseln, die sich decken, finden aber Anwendung. Im Übrigen gelten dann die gesetzlichen Regelungen, vgl. § 306 Abs. 2 BGB.
Eine Ausnahme gilt bei den von Verkäuferseite in den AGB eingeführten Eigentumsvorbehalten. Ein einseitiger Eigentumsvorbehalt (z. B. im Lieferschein) setzt sich zunächst durch, da für § 929 S. 1 BGB im Prüfungspunkt „Einigsein bei Übergabe“ das einseitige Abrücken von der schuldrechtlichen Übertragungsverpflichtung unbedingten Eigentums ausreicht. Nimmt der Käufer dann die Ware an, erklärt er sich konkludent mit den AGB und damit dem Eigentumsvorbehalt einverstanden.
Beispiel:
V und K schließen einen Kaufvertrag und verweisen jeweils auf die beigefügten AGB. Die AGB des V sehen einen Eigentumsvorbehalt gem. § 499 BGB vor, bis die Ware komplett bezahlt wird. Die AGB des K lehnen einen Kauf unter Eigentumsvorbehalt ab. Der Widerspruch der AGB von V und K führt dazu, dass die Klausel über den Eigentumsvorbehalt nicht Bestandteil des Kaufvertrags (schuldrechtlicher Vertrag) wird. Erklärt V den Eigentumsvorbehalt aber auch bei Lieferung im Lieferschein (dinglicher Vertrag) und nimmt K die Ware trotzdem an, so gilt der Eigentumsvorbehalt des V.