Autorin: Kim Alexandra Reichenbach (Referendarin)
Gem. § 110 BGB darf der Minderjährige auch rechtlich nachteilhafte Geschäfte abschließen, wenn er die Leistung mit Mitteln bewirkt (vgl. § 362 Abs. 1 BGB), die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung von seinem gesetzlichen Vertreter übergeben worden sind.
Der sog. Taschengeldparagraf dient den Umstand Rechnung, dass es höchst unpraktisch wäre, müssten die Eltern bei jedem noch so kleinen Geschäft des Minderjährigen ihre vorherige oder nachträgliche Zustimmung erteilen. § 110 BGB gilt als ein Fall der konkludenten Zustimmung und ist ein Unterfall des beschränkten Generalkonsens (s. o.), d.h. er findet keine Anwendung, wenn die Eltern zu dem konkreten Rechtsgeschäft ihre Zustimmung eindeutig nicht erteilt hätten (z. B. der Kauf von Drogen, Waffen etc.). Dies ist im Zweifel durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.
Sog. Surrogatgeschäfte sind von § 110 BGB nur erfasst, wenn es auch mit dem Taschengeld hätte vorgenommen werden können.
Beispiel: Der minderjährige M kauft sich von seinem Taschengeld i.H.v. 50 € ein Lotterielos und gewinnt 3.000 €. Von dem Geld kauft er sich einen Gebrauchtwagen in Höhe der gewonnenen Summe (Surrogat). Der Vertrag über den Kauf des Gebrauchtwagens ist (schwebend) unwirksam, denn der Wert des Wagens von 3.000 € übersteigt das an M zur Verfügung gestellte monatliche Taschengeld und hätte mit diesem daher nicht vorgenommen werden können. Die Eltern können den Kauf aber nachträglich genehmigen (vgl. oben).
Wie schon bei § 105a BGB muss die Leistung bei § 110 BGB sofort bewirkt werden, d.h. die Leistungspflicht (i.d.R. die Kaufpreiszahlung) muss sofort erfüllt sein. Daher sind alle Raten- oder Kreditverpflichtungen, die ein Minderjähriger eingeht, unwirksam, denn hier wird die Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB bewirkt.