§ 193 StGB - Wahrnehmung berechtigter Interessen

Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin))

Bei dem § 193 StGB handelt es sich um einen (zusätzlichen!) besonderen Rechtfertigungsgrund für ehrverletzende oder rufschädigende Tatsachenbehauptungen, sofern sich der Wahrheitsbeweis nicht führen lässt, aber der Täter aufgrund von berechtigtem Interesse gehandelt hat. Er erfordert eine Güterabwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls.

Die Anwendung beschränkt sich im Grunde auf den § 186 StGB. Dies folgt aus dem Umstand, dass iRd § 185 StGB entweder die Wahrheit bewiesen werden kann, sodass es keines Rückgriffs mehr auf § 193 StGB bedarf, oder aber die Wahrheit nicht beweisbar ist, dann greift der in dubio pro reo zugunsten des Täters. Gegen eine Anwendbarkeit des § 193 StGB auf den § 187 StGB spricht bereits die positive Kenntnis des Täters von der Unwahrheit.

Berechtigte Interessen iSd § 193 StGB stellen alle Interessen dar, die nicht der rechtlichen Ordnung oder den guten Sitten entgegenstehen. Es kann sich dabei um individuelle Interessen des Täters, aber auch der Allgemeinheit handeln. Entscheidend ist nur, dass der Täter die Ehrverletzung für erforderlich hielt, um den berechtigten Interessen nachzukommen. Dies muss auch sein primäres Ziel gewesen sein, nicht jedoch sein ausschließliches.