Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin))
Verleiten meint ein Einwirken auf die Beweisperson in der Hinsicht, dass diese etwas aussagt, was sie selbst für richtig hält. Es handelt sich bei dem § 160 StGB um einen gesetzlich geregelten Fall der mittelbaren Täterschaft, bei dem der Tatveranlasser den Aussagenden für gutgläubig hält. Eine mittelbare Täterschaft ist iRd Aussagedelikte grds. nicht vorgesehen, da es sich bei diesen um eigenhändige Begehungsdelikte handelt. Der § 160 StGB fungiert – auch unter Berücksichtigung seiner geringen Strafandrohung – als Auffangtatbestand für alle Fälle, die nach den Grundsätzen des ATs unter die mittelbare Täterschaft fallen, um so Regelungslücken zu schließen. Er findet insoweit nur Anwendung, wenn die Tat nicht als Anstiftung eingestuft werden kann.
1. Vordermann sagt bewusst falsch aus, während der Hintermann ihn für gutgläubig hält
Eine Anstiftung ist mangels Vorsatzes – er hält ihn für gutgläubig – nicht gegeben. Er wollte ihn folglich nicht anstiften, sondern verleiten. Der Anstiftervorsatz ist nicht als Minus in diesem Vorsatz enthalten. Es ist jedoch fraglich, ob der § 160 StGB möglich ist, wenn der Aussagende bösgläubig aussagt, während ihn der Hintermann für gutgläubig hält.
Der BGH nimmt eine vollendete Verleitung zur Falschaussage gem. § 160 StGB an. Der Tatveranlasser wollte eine objektiv falsche Aussage als Erfolg verursachen, die insoweit auch eingetreten ist. Unabhängig für die Bewertung seiner Tat muss es sein, dass der Verleitende über die Vorstellung des Tatveranlassers hinaus bösgläubig ist.
Eine andere Ansicht lehnt die Vollendung des § 160 StGB ab. Es fehle am erforderlichen Defekt. Nach dieser Ansicht sei nur eine Versuchsstrafbarkeit nach § 160 II StGB gegeben.
Vorzugswürdig erscheint die Ansicht des BGHs, denn der eigentliche Unrechtsgehalt des § 160 I StGB und somit die Gefährdung der Rechtspflege ist eingetreten. Es handelt sich bei den Aussagedelikten um abstrakte Gefährdungsdelikte, sodass die Vollendung des § 160 I StGB sich nicht danach bestimmen könne, ob der Aussagende gut- oder bösgläubig ist, sondern müsse sich ausschließlich nach dem Hintermann und dem Eintritt der Gefährdung richten. Auch solle der § 160 I StGB gerade die Fälle erfassen, die mangels entsprechenden Tätervorsatzes eine Anstiftung ausscheiden lassen. Dennoch ist auch die andere Ansicht vertretbar, da für eine Versuchsstrafbarkeit typisch der objektive und subjektive Tatbestand auseinanderfallen. Weiter fehlt es an dem für eine mittelbare Täterschaft typischen Defekt des Vordermanns.
2. Vordermann ist gutgläubig, während der Hintermann annimmt, er sei bösgläubig
In diesen Fällen fehlt es für eine Anstiftung an einer vorsätzlichen Haupttat. Der § 160 StGB scheidet ebenfalls aus, da der Verleitende von einer Bösgläubigkeit des Vordermanns ausging und folglich keinen Anstiftungsvorsatz hatte. Es kommt aufgrund der verwerflicheren Intention des Täters insofern eine versuchte Anstiftung zur Falschaussage oder Meineid gem. § 30 I StGB (evtl. iVm § 159 StGB) in Betracht.