Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin))
Der § 315d StGB schützt die Sicherheit des Straßenverkehrs, Leib und Leben von Verkehrsteilnehmern sowie die von diesen spezifischen Gefahren betroffenen Vermögenswerte.
Der Abs. 1 stellt ein reines Erfolgsdelikt dar, während die Abs. 2 und 4 konkrete Gefährdungsdelikte sind. Der Abs. 2 stellt dabei ein reines Vorsatzdelikt dar, während der Abs. 4 die Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination normiert. Der Abs. 5 normiert abschließend eine Erfolgsqualifikation zum Abs. 2, der im Vergleich zum § 222 StGB einen deutlich höheren Strafrahmen für tödlich ausgehende Rennen schafft. Die Versuchsstrafbarkeit ist gem. Abs. 3 hinsichtlich des Abs. 1 Nr. 1 gegeben.
I. Objektiver Tatbestand
1. § 315d I Nr. 1 und 2 StGB
Der objektive Tatbestand des § 315d I Nr. 1 und 2 StGB erfordert ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen. Hierzu zählt jeglicher Wettbewerb, bei dem es um einen Sieg oder Niederlage durch eins von mehreren Kraftfahrzeugen hinsichtlich des möglichst schnellen Passierens eines beliebigen Streckenabschnittes geht. Entscheidend ist dabei, dass das Rennen von allen Teilnehmern als Wettbewerb wahrgenommen wird. Eine ausdrückliche Vereinbarung über Ort, Zeit und Abschnitte im Vorwege ist nicht erforderlich, sondern kann auch spontan oder konkludent erfolgen. Eine Erlaubnis fehlt immer dann, wenn keine entsprechende Genehmigung für diesen Wettbewerb vorliegt.
2. § 315d I Nr. 3 StGB
Der § 315d I Nr. 3 StGB erfasst jede grob verkehrswidrige Geschwindigkeitsüberschreitung in Gestalt eines rücksichtslosen Rasens. Diese Tathandlung setzt gerade kein Rennen iSe Wettbewerbs voraus. Hinsichtlich der Bestimmung des grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhaltens gelten die Ausführungen iRd § 315c StGB entsprechend.
II. Subjektiver Tatbestand
Im subjektiven Tatbestand ist für den Abs. 1 Nr. 3 neben dem zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich des objektiven Tatbestandes zudem erforderlich, dass der Täter die Absicht hat, höchstmögliche Geschwindigkeiten zu erreichen.
Fraglich ist, ob die für den Abs. 1 Nr. 3 erforderliche Absicht auch gegeben ist, wenn der Täter aus anderen Gründen eine möglichst hohe Geschwindigkeit erlangen möchte. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass die Absicht des Täters auf das Erreichen der in der konkreten Situation höchstmögliche Geschwindigkeit abzielen muss. Weiter muss sich diese Absicht, aufgrund des auch für den Abs. 1 Nr. 3 erforderlich kennzeichnenden Renncharakters, auf eine nicht unwesentliche Wegstrecke beziehen. Damit ergibt sich nach Ansicht des BGHs, dass die Ansicht des Täters darauf abzielt, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die nach den situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Absicht muss nicht der Hauptbeweggrund noch der einzige sein. Es reiche vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der in der situativen Gegebenheit höchstmöglichen Geschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein anderes (Haupt-) Ziel zu erreichen. Begründet wird dies damit, dass die Einschränkung der Absicht sich nicht aus dem Wortlaut der Norm ergebe und darüber hinaus der grundsätzlichen Definition der Vorsatzform dolus directus 1. Grades entspreche.
Für die sog. Polizeiflucht-Fälle ergebe sich somit, dass sie ebenfalls von dem Abs. 1 Nr. 3 erfasst werden, sofern festgestellt werden kann, dass es dem Täter darauf ankam, als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen.