II. Faktische Unmöglichkeit, § 275 Abs. 2 BGB

Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin))

Im Fall der faktischen bzw. praktischen Unmöglichkeit ist der Leistungserfolg durch Behebung eines Hindernisses theoretisch möglich, doch ist der Aufwand der Behebung dem Schuldner nicht zuzumuten. Der Aufwand des Schuldners übersteigt also um weiten das Leistungsinteresse des Gläubigers, sodass ein grobes Missverhältnis vorliegt.

Die Bestimmung des groben Missverhältnisses ist eine Wertungsfrage, wobei der § 275 Abs. 2 S. 2 BGB das Vertretenmüssen des Schuldners benennt, welches iRd Wertung zu berücksichtigen ist. Im Fall eines Vertretenmüssen des Schuldners sind diesem höhere Anstrengungen zuzumuten.

Von dem § 275 Abs. 2 BGB wird nicht die sog. „wirtschaftliche Unmöglichkeit“ erfasst. Es handelt sich bei dem § 275 Abs. 2 BGB um eine Einrede und bei dieser muss der Schuldner – wie bereits gelernt – reden. Erst wenn er die Einrede erhebt, führt dies nicht nur zu seinem Leistungsverweigerungsrecht, sondern zum Erlöschen des Primäranspruchs. Andernfalls ist der Schuldner so zu behandeln, als läge kein Leistungshindernis vor.

Wichtig: Für einen eventuellen Schadensersatz ist die Bestimmung, ob eine anfängliche oder nachträgliche Unmöglichkeit vorliegt, entscheidend. Für die Unterscheidung ist es unerheblich, wann der Schuldner die Einrede erhebt, sondern wann das Leistungshindernis eingetreten ist. D.h., lag das Leistungshindernis bereits vor Vertragsschluss vor und der Schuldner erhebt die Einrede erst danach (Regelfall), liegt dennoch eine anfängliche Unmöglichkeit vor und die Anspruchsgrundlage für einen eventuellen Schadensersatz ist der § 311a Abs. 1 BGB.

Folgende Prüfung könnt ihr euch merken:

1. Aufwand des Schuldners

  • § 275 Abs. 2 S. 1,
      1. Alt. BGB,
      2. Alt. BGB

  • § 275 Abs. 2 S. 2 BGB
    • → die Aufwände des Schuldners müssen nun mit folgenden Leistungsinteressen des Gläubigers abgewogen werden

    2. Leistungsinteresse des Gläubigers

    Das Gläubigerinteresse bemisst sich mindestens nach der Höhe des Verkehrswertes der Leistung. Daher kann eine einfache „Verteuerung“ niemals ein Fall des § 275 Abs. 2 BGB sein, denn mit dem zunehmenden Aufwand des Schuldners bzw. des höheren Wertes wächst in gleichem Verhältnis auch das Leistungsinteresse des Gläubigers. Es sind daher folgende Punkte zu berücksichtigen:

    • Inhalt

    • § 242 BGB

    • Vertretenmüssen