Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin))
Dabei handelt es sich um einen von der Rechtsprechung entwickelten Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte. Grundsätzlich können allein dem Gläubiger Sekundäranspruch aus Vertrag zustehen. Der Dritte kann aber so mit in den Vertrag einbezogen sein, dass er bei einer Pflichtverletzung des Schuldners eigene vertragliche Sekundäransprüche geltend machen kann.
I. Rechtsgrundlage
Strittig ist, auf welcher Rechtsgrundlage dieser VSD beruht. Teilweise wird der § 311 Abs. 3 S. 1 BGB herangezogen, da sich aus dem Wortlaut ergebe, dass auch Dritten Ansprüche zustehen können. Dagegen spricht jedoch der eindeutige Wortlaut, der nur von Pflichten des Dritten spricht, und die systematische Stellung bzw. die Nähe zum cic. Außerdem trifft dieser keinerlei Voraussetzungen für eine mögliche Miteinbeziehung. Das Reichsgericht hatte den § 328 BGB herangezogen, der jedoch nach oben erklärter Form eben gerade nicht vorliegt. Der BGH hat die Grundlage daher auf eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine an § 242 Abs. 1 BGB iVm § 328 Abs. 1 BGB orientierte richterliche Rechtsfortbildung gestützt.
Im Ergebnis kann die Rechtsgrundlage aber auch dahinstehen, da jedenfalls die Voraussetzungen nach allen Ansichten im Grunde übereinstimmen.
Tipp: Auch wenn es nur ein dogmatischer Streit ist, muss er kommen! Versucht diesen so kurz und knackig wie möglich darzustellen, um keine unnötige Zeit zu verlieren.
II. Voraussetzungen
1. Leistungsnähe
= Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommen und den Gefahren ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger selbst.
- Abgrenzung zur cic. und § 214 Abs. 2 BGB: bei denen besteht noch gar kein Primäranspruch, auch kann dessen Schutzbereich unabhängig von der Beziehung des Geschädigten zu einem anderen Vertragsverhältnis bestehen.
- Beispiel: Eine Mutter zieht mit ihrem Sohn in die von V vermietete Wohnung. Nur M ist Mieterin, dennoch kommt auch S mit der Hauptpflicht des Mietverhältnisses in Berührung.
2. Gläubigernähe
Fraglich ist dessen Definition:
a) Früher hat der BGH eine solche angenommen, wenn ein personenrechtliches Fürsorgeverhältnis besteht, weswegen der Gläubiger für des Dritten „Wohl und Wehe“ verantwortlich ist bzw. einzutreten hat.
z. B. Familie, Arbeitgeber → Arbeitnehmer (nicht anders herum!)
b) Heute stellt der BGH iRe ergänzenden Vertragsauslegung allein darauf ab, ob der Gläubiger ein Interesse an dem Schutz des Dritten hat und ob die Leistung auch bestimmungsgemäß dem Dritten zugutekommt.
c) Definition
= Schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages.
3. Erkennbarkeit
= Die Einbeziehung des Dritten und die damit für den Schuldner verbundene Haftungserweiterung muss für den Schuldner auch erkennbar gewesen sein.
4. Schutzbedürfnis des Dritten
= Nach Treu und Glauben muss eine Schutzbedürftigkeit des Dritten bestehen. Diese liegt vor, wenn dem Dritten keine eigenen, vergleichbaren vertraglichen Ansprüche – gleich gegen wen – zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen, die ihm über die Einbeziehung zukämen.
(5.) Voraussetzung des Schadensersatzanspruches
- Nicht vergessen, dass nach Einbeziehung des Dritten auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gegeben sein müssen.
6. Rechtsfolge
= Dem Dritten steht ein eigener vertraglicher Schadensersatzanspruch zu.