Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin))
Der Schuldnerverzug ist die schuldhafte Nichtleistung des Schuldners trotz Fälligkeit und Mahnung. Er setzt folgende Voraussetzungen voraus:
1. Wirksamer, möglicher Anspruch des Gläubigers
Unmöglichkeit und Verzug schließlich sich denklogisch aus, denn ab dem Eintritt der Unmöglichkeit hat der Gläubiger keinen wirksamen Anspruch mehr. Weiter bedeutet, dass der Anspruch des Gläubigers auch wirksam entstanden und noch bestehen muss.
2. Nichtleistung des Schuldners
Dies bezieht sich allein auf die Vornahme der Leistungshandlung, ob der Leistungserfolg rechtzeitig oder überhaupt eingetreten ist, ist unerheblich.
Beispiel: iRe Geldschuld gem. § 270 BGB
Der Mieter muss bis zum 3. Werktag des Monats (als Regelfall) die Überweisung der Miete angewiesen haben, um nicht in Verzug zu geraten. Wann das Geld dann auf dem Konto des Vermieters wirklich eingeht, ist für den Verzug irrelevant.
3. Leistung muss fällig und einredefrei sein
a) fällig gem. § 271 Abs. 1 BGB
Grundsätzlich ist der Anspruch mit seinem Entstehen sofort fällig gem. § 271 Abs. 1 BGB, sofern sich nicht ein anderes aus den Umständen oder Abreden zwischen den Parteien entnehmen lässt.
b) einredefrei
Der Anspruch des Gläubigers muss demnach durchsetzbar sein, sodass diesem keine rechtshemmenden Einreden entgegenstehen dürfen. Dabei reicht es nach h.M., wenn die Voraussetzungen der Einrede vorliegen. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt des Erhebens an, er muss sie nur überhaupt erheben. Die Erhebung hat dann eine ex tunc-Wirkung.
4. Mahnung
a) Inhalt/ Voraussetzungen
Erst sie wirkt verzugsbegründend. Bei der Mahnung handelt es sich um eine eindeutige Leistungsaufforderung seitens des Gläubigers. Sie ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung iSd §§ 104 ff. BGB analog und bedarf keiner besonderen Form. Es genügt, wenn ihre Ernsthaftigkeit erkennbar wird und sie hinreichend genug bestimmt, welche Forderung verlangt wird. Dabei kann sie nur nach Fälligkeit wirksam ergehen.
Vorsicht bei einer Mahnung innerhalb einer Rechnung oder bei der Einräumung eines Zahlungsziels. Bei diesen fehlt es (idR) an der Eindeutigkeit, da es sich auch um ein Angebot zu einer Stundung handeln könnte. Ebenso ist eine Mahnung nicht hinreichend genug bestimmt, sofern sie unter Bedingung erfolgt.
b) Entbehrlichkeit
In manchen Fällen kann eine Mahnung gem. § 286 Abs. 2, Abs. 3 BGB entbehrlich sein.
aa) § 286 Abs. 2, Nr. 1 BGB
Ist nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB für eine Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist eine Mahnung entbehrlich. Eine solche Bestimmung kann nicht einseitig erfolgen, sondern muss durch Rechtsgeschäft (z. B. bereits iRd Vertragsschluss), durch Gesetz oder Urteil festgelegt werden.
bb) § 286 Abs. 2, Nr. 2 BGB
Der Leistung hat ein Ereignis vorauszugehen und es ist eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise zu bestimmen, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, z. B. in Form von vertraglichen Regelungen wie „Zahlung hat innerhalb von drei Wochen nach Lieferung zu erfolgen“, aber auch hier reicht die bloße Rechnung nicht aus.
cc) § 286 Abs. 2, Nr. 3 BGB
Eine Entbehrlichkeit liegt vor, wenn eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung durch den Schuldner vorliegt. Hier genügt kein bloßes Bestreiten, sondern es muss sich der Erklärung bzw. dem Verhalten des Schuldners eine Ernsthaftigkeit und einen endgültigen Charakter entnehmen lassen.
dd) § 286 Abs. 2, Nr. 4 BGB
Sofern eine Mahnung bloße Formalie wäre kann sie entbehrlich sein, z. B. besondere Dringlichkeit der Leistung.
ee) § 286 Abs. 3 BGB
Der Absatz 3 betrifft nur Geldforderungen als Gegenleistung, z. B. in Form eines Entgelts für eine erbrachte Leistung des Gläubigers. Bei dieser tritt nach 30 Tagen dann automatisch ein Schuldnerverzug ein.
5. Vertretenmüssen des Schuldners, § 286 Abs. 4 BGB
Für das Vertretenmüssen greifen die §§ 276-278 BGB ein und setzt für den Schuldnerverzug voraus, dass der Schuldner den Umstand, weswegen die Leistung bisher unterblieb, zu vertreten hat. Dies wird grundsätzlich vermutet. Das bedeutet, der Schuldner trägt die Beweislast und muss darlegen, dass er die Nichtleistung nicht zu vertreten hat bzw. hatte.