H. Weiterbeschäftigungsansprüche

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Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß §§ 611a Abs. 1, 613, 242 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG:

Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Beschäftigungsanspruch, wenn ein wirksames Arbeitsverhältnis begründet wurde und dieses noch nicht erloschen ist. Ein solcher Beschäftigungsanspruch besteht zumindest bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist. Wenn noch während des Laufs der Kündigungsfrist der Kündigungsgrund entgegen der Prognose wegfällt, besteht ein Weiterbeschäftigungsanspruch bei folgenden Voraussetzungen1:

  • Negativprognose muss sich vor Ablauf der Kündigungsfrist als falsch erwiesen haben und der Arbeitgeber darf die Kündigung nicht rechtsmissbräuchlich ausgesprochen haben
  • Der Arbeitgeber darf noch keine Disposition hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung getroffen haben
  • Die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss für den Arbeitgeber zumutbar sein

Nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Rechtskrafterstreckung des Urteils über die Kündigungsschutzklage besteht ein Schwebezustand.

Fraglich ist, ob während dieses Schwebezustands ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht. Da sich dieser, wie der allgemeine Beschäftigungsanspruch aus §§ 611a Abs. 1, 613, 242 BGB i.V.m. Art 2 Abs. 1, Art. 1 GG ergibt, ist zu fragen, ob nach § 242 BGB überwiegende Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Dabei müssen die gegenseitigen Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegeneinander abgewogen werden. Danach überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam war oder wenn erstinstanzlich die Unwirksamkeit der Kündigung durch Urteil festgestellt ist und überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers der Beschäftigung nicht entgegenstehen.

Die Rechtsfolge dieses Weiterbeschäftigungsanspruchs ist, dass das vertraglich begründete Arbeitsverhältnis nicht fortbesteht, der Arbeitgeber aber entgegen seines Willens gezwungen wird, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Hat die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers Aussicht auf Erfolg, bestand der Arbeitsvertrag fort und ist damit Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Arbeitslohnes. Ist die Kündigungsschutzklage dagegen nicht erfolgsversprechend, ist das Arbeitsverhältnis beendet, sodass der Vertrag nach §§ 812 ff. BGB rückabgewickelt wird. Da hier aber kein Fall eines fehlerhaften Arbeitsverhältnisses vorliegt, fehlt der Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Arbeitslohnes.

Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG:

Dieser gesetzliche Weiterbeschäftigungsanspruch ermöglicht, dass das durch Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnis kraft gesetzlicher Anordnung fortgesetzt wird.

Der Betriebsübergang

Gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses durch Rechtsgeschäft auf den neuen Inhaber des Betriebs oder Betriebsteils über. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Vertragsübergang, wie etwa auch im Mietrecht bei § 566 BGB (Kauf bricht nicht Miete).

  1. Übergang eines Betriebs bzw. Betriebsteils: Betrieb oder Betriebsteil meint eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, die sich als eine organisierte Gesamtheit von Personen oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung darstellt2.
    7 – Punkte – Katalog zur Prüfung einer Einheit3:
    • Art des betrieblichen Unternehmens oder Betriebs
    • Übergang der materiellen Aktiva (Gebäude, bewegliche Güter usw.)
    • Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs
    • Übernahme der Hauptbelegschaft (Erfahrungswissen, Know-how usw.)
    • Übergang der Kundschaft
    • Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit
    • Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit
  2. Rechtsgeschäftlicher Übergang: Auch unwirksam möglich, da § 613 a BGB dem Schutz des Arbeitnehmers dienen soll.
  3. Bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Veräußerer im Übergangszeitpunkt
  4. Kein Widerspruch des Arbeitnehmers gemäß § 613 a Abs. 6 BGB
  • 1. U. Koch in: Schaub/Koch, ArbR.
  • 2. U. Preis in: ErfK/ArbR, § 611a BGB Rn. 194.
  • 3. U. Koch in: Schaub/Koch, ArbR.