5. Die außerordentliche Kündigung, § 626 BGB

Mit der Unterstützung von KLIEMT.Arbeitsrecht

Im Einzelfall kann der Arbeitgeber bei Vorliegen eines wichtigen Grunds nach § 626 Abs. 1 BGB auch außerordentlich kündigen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
  2. Ordnungsgemäße Kündigungserklärung
    1. Wirksamkeit nach §§ 104 ff., 164 ff. BGB
    2. Schriftform, § 623 BGB
  3. Zustimmungsbedürftigkeit, z.B. § 168 SGB IX
  4. Anhörung des Betriebsrates, § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG
    Anders als bei der ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat bei der außerordentlichen Kündigung kein Widerspruchsrecht. Nur im Ausnahmefall einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist eines tariflich oder arbeitsvertraglich ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmers ein Widerspruchsrecht anerkannt, da ansonsten der besondere Kündigungsschutz im Rahmen des § 102 BetrVG in sein Gegenteil umschlagen würde. 1
  5. Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung
    1. Wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB: Wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
      1. An sich wichtiger Grund: Tatsachen, die an sich geeignet sind einen wichtigen Grund abzugeben (Prognoseprinzip).
      2. Ultima – ratio – Prinzip: Zweck der Kündigung darf nicht durch ein weniger einschneidendes Mittel (Abmahnung, ordentliche Kündigung) erreichbar sein.
      3. Interessenabwägung: Muss zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kommen.
    2. Kündigungsfrist, § 626 Abs. 2 BGB: Ereignisfrist, deren Berechnung sich nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB richtet.
  6. Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung, § 140 BGB
    1. Unwirksame außerordentliche Kündigung
    2. Umdeutung muss dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entsprechen. Im Zweifel könnte bei Ausspruch der außerordentlichen Kündigung davon ausgegangen werden, dass zumindest eine Kündigung zum nächstmöglichen Termin gewollt ist.
    3. Erkennbarkeit des mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers für den Kündigungsempfänger zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung
    4. Aus dem Vortrag im Prozess muss sich ausdrücklich ergeben, ob für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung gewollt ist.
    5. Abschließende Prüfung, ob ordentliche Kündigung wirksam wäre.
  • 1. BAG 12.1.2006, NZA 2006, 512; 21.6.2001, NZA 2002, 232; 5.2.1998 NZA 1998, 771; Kania in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Aufl. 2021, § 102 BetrVG Rn. 14.