I. Streichung des § 439 III S. 2 BGB
Der § 439 III BGB bezieht sich auf die Ein- und Ausbaukosten, wobei sich der § 439 III S. 2 BGB auf den Ausschluss bei grober Fahrlässigkeit gem. § 442 I BGB bezog. Dieser musste aufgrund der Warenkaufrichtlinie, die eine derartige Beschränkung der Mängelrechte nicht vorsieht, gestrichen werden, d.h. der § 442 BGB ist nicht anwendbar. Dafür wurde im § 439 III (S. 1) BGB „bevor der Mangel offenbar wurde“ ergänzt. Der Aufwendungsersatzanspruch ist demnach davon abhängig, dass sich dem Käufer vor Einbau der Sache der Mangel nicht offenbart hat und dieser die Sache entsprechend „gutgläubig“ eingebaut hat.
Die genaue Definition des Begriffes „offenbar“ ist bereits jetzt umstritten. Er kann wohl nicht als positive Kenntnis verstanden werden und sollte im konkreten Einzelfall danach beurteilt werden, was für einen Durchschnittskäufer erkennbar gewesen wäre. Zu beachten ist jedoch, dass dies im Ergebnis einer grob fahrlässigen Unkenntnis entsprechen würde, welche gerade nicht gewollt ist.
In der Klausur zählt – bis zu einer entsprechenden Entscheidung durch den EuGH – nur die Argumentation bzw. eine nachvollziehbar getroffene und begründete Entscheidung.
II. Einfügung des § 439 V BGB
Der bisherige Absatz 5 wurde durch die Einfügung eines zusätzlichen Absatzes zum 6. Absatz. Die bisher allgemein anerkannte Pflicht des Käufers, dem Verkäufer die Sache zur Nacherfüllung bereitzustellen, wurde hier aufgenommen. Es soll sich dabei nicht allein um eine Obliegenheitspflicht des Käufers handeln, sondern um eine einklagbare Pflicht nach § 439 V BGB (str.). Der Rücknahmeanspruch bei gleichzeitiger Kostentragung des Verkäufers ist in § 439 VI S. 2 BGB ausdrücklich normiert, wobei die Kosten des Verkäufers von seinem Regressanspruch gegenüber dem Lieferanten gem. § 445a I BGB miterfasst.
Vorsicht: Weiterhin offenbleibt der Nacherfüllungsort, der nicht ausdrücklich normiert wurde, sondern lediglich keine erheblichen Nachteile für den Verbraucher verursachen darf. Es bleibt folglich bei dem bisher Gelernten.
III. Verlängerte Beweislastumkehr, § 477 BGB
Die Beweislastumkehr gem. § 477 BGB wurde von sechs Monate auf ein Jahr verlängert. Eine Ausnahme gilt bei lebenden Tieren gem. § 477 I S. 2 BGB. Zudem wurde durch die Neuformulierung die Reichweite der Norm klargestellt. Durch die Neuformulierung „von den Anforderungen nach § 434 oder § 475b BGB abweichender Zustand der Ware“ wird deutlich, dass bei jeder Abweichung vermutet wird, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war. Es entspricht im Grunde der bisherigen Rechtsprechung des BGHs, die nun in den Gesetzestext eingeflossen ist. Damit wird bei jedem Mangel, der sich innerhalb eines Jahres nach Gefahrübergang zeigt, vermutet, dass die Ursache für den späteren Mangel in Form eines latenten Grundmangels bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat.
Neu eingefügt wurde der § 477 II BGB, der für die dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente greift. Nach diesem gilt die Vermutung während des gesamten Bereitstellungszeitraumes, mindestens aber für zwei Jahre ab Gefahrübergang.
IV. Unanwendbarkeit des § 442 BGB und negative Beschaffenheitsvereinbarungen, § 476 BGB
Der § 475 III S. 2 BGB erklärt den § 442 BGB nun ausdrücklich für nicht anwendbar iRv Verbrauchsgüterkaufverträgen. Hintergrund ist der § 476 I BGB. Der § 476 I S. 1 BGB erfasst nach neuer Regelung den § 442 BGB nicht mehr, und zwar, weil nach § 476 I S. 2 BGB eine negative Vereinbarung auch innerhalb von Verbrauchsgüterkaufverträgen grundsätzlich möglich sein sollen – wie bisher auch – aber allein unter den ihn benannten strengeren Voraussetzungen. Durch den § 476 I S. 2 BGB sind diese nun nur noch unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Nach diesem muss der Verkäufer von sich aus auf die Abweichungen hinweisen. Diese dürfen nicht allein als Teil der Produktbeschreibung vorgenommen werden, sondern müssen ausdrücklich und gesondert dem Verbraucher dargelegt werden. Diese Abweichungen müssen abschließend ausdrücklich vereinbart werden, d.h. der Verbraucher muss diesen bewusst zustimmen.
V. Sonderbestimmungen für den Rücktritt und Schadensersatz, § 475d BGB
Die Reform lässt das Erfordernis einer Fristsetzung in den überwiegenden Fällen entfallen. Nach dem Wortlaut des § 475 V BGB wird bereits allein durch die Mitteilung des Mangels eine Frist automatisch in Gang gesetzt.
Gemäß dem § 475d I Nr. 1 BGB ist eine Fristsetzung iRd Rücktritts nach § 323 I BGB entbehrlich, sofern die Nacherfüllung trotz Ablauf einer angemessenen Frist nicht vorgenommen wurde.
Weiter sieht der § 475d I Nr. 2 BGB bereits nach dem ersten erfolglosen Nacherfüllungsversuch eine Rücktrittsmöglichkeit vor, sofern sich trotz der Nacherfüllung derselbe oder ein neuer Mangel zeigt. Er normiert insoweit eine abweichende Regelung zum § 440 S. 2 BGB, der zumindest einen zweiten erfolglosen Versuch (hinsichtlich desselben Mangels) vorsieht.
Bei einem schwerwiegenden Mangel kann ein sofortiger Rücktritt gem. § 475d I Nr. 3 BGB gerechtfertigt sein. Ob ein solch schwerwiegender Mangel vorliegt, ist iRe Abwägung der Interessen des Verbrauchers und des Unternehmers im konkreten Einzelfall zu bestimmen. IdR wird jedoch bereits der § 475d I Nr. 1 BGB greifen, der bereits durch Anzeigen eines Mangels eine Frist in Gang setzt.
Verweigert der Unternehmer die Nacherfüllung (§ 439 I BGB) oder dessen Kostentragung (§ 439 II BGB) oder die fristgerechte Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten gem. § 475 V BGB kann der Verbraucher ohne eine Fristsetzung nach § 475d I Nr. 4 BGB zurücktreten. Für den § 475d I Nr. 4 BGB muss keine ernsthafte und endgültige Verweigerung gegeben sein, sodass bereits unbedachte Aussagen des Unternehmers genügen könnten.
Nach § 475d I Nr. 5 BGB kann er darüber hinaus bereits ohne eine Fristsetzung zurücktreten, wenn es nach den objektiven Umständen offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht nach §§ 439 I, II, 475 V BGB ordnungsgemäß nacherfüllen wird.
Abschließend erklärt der § 475d II BGB die Anwendbarkeit des § 475d I BGB auf den § 281 BGB iRv Schadensersatzansprüche wegen eines Mangels, sodass es iRe Verbrauchsgüterkauf auch bei Schadensersatz keine Fristsetzung mehr bedarf.
VI. Rückgabekosten, § 475 VI S. 1 BGB
Nach einem Rücktritt oder Schadensersatz statt der ganzen Leistung hat der Verkäufer gem. § 475 VI S. 1 BGB – durch die Verweisung auf den § 346 BGB – die Kosten des Rückgewährschuldverhältnisses, d.h. idR die Kosten der Rücksendung zu tragen.
Die Kosten einer möglichen Rücksendung iRe Nachlieferung sind bereits von § 439 VI S. 2 BGB erfasst und sind vom Verkäufer zu tragen. Für diese Rückzahlung der Kosten hat der Käufer zum einen ein Anspruch nach § 439 II BGB, sofern er sie bereits gezahlt haben sollte und zum anderen kann er iRe Verbrauchsgüterkaufvertrages einen Vorschussanspruch nach § 475 IV BGB geltend machen, der jedoch nicht für den § 475 VI BGB gilt.
Ergänzend ist gem. dem § 475 VI S. 2 BGB der § 348 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Nachweis des Verbrauchers über die Rücksendung der Ware der Rückgewähr gleichsteht, sodass der Verkäufer das Verlustrisiko trägt.
VII. Absolute Unverhältnismäßigkeit iRe Verbrauchsgüterkaufvertrages
Der § 475 IV, V BGB wurde ersatzlos gestrichen, es gilt der § 439 IV BGB, sodass auch bei Verbrauchsgüterkauf ein absolutes Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers bei absoluter Unverhältnismäßigkeit besteht.
VIII. Verjährung, § 475e III, IV BGB
Die § 475e III, IV BGB gelten für alle Verbrauchsgüterkaufverträge. Nach diesen sollen Verbraucher auch nach Entdeckung eines Mangels am Ende des Verjährungszeitraums nach § 438 I BGB seine Rechte noch effektiv geltend machen können. Dies hat den Hintergrund, dass § 438 I BGB unabhängig von der Kenntnis des Verbrauches vom Mangel gem. § 438 II BGB mit Ablieferung der Sache beginnt. Daher soll gem. § 475e III BGB die Verjährung nicht vor dem Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt eintreten, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Die Verjährung wird insoweit nicht gehemmt, sondern dessen Ablauf wird nur ggf. hinausgezögert, wenn der Ablauf der Verjährungsfrist in weniger als vier Monaten eintreten würde, um dem Verbraucher die Möglichkeit der Geltendmachung seiner Rechte zu geben.
Der § 475e IV BGB verhindert, dass die Verjährungsfrist während der Nachbesserung oder Nachlieferung bereits abläuft und ermöglicht dem Verbraucher zudem nach Rückerhalt der nachgebesserten oder ersetzten Ware diese zu prüfen und auszuprobieren. Nach diesem tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels nicht vor dem Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt des Rückerhalts ein. v
Eine Verkürzung der Verjährung von Ansprüchen des Verbrauchers aus § 437 BGB können nach § 476 II S. 2 BGB zulässig sein, sofern diese vereinbart wurden. Der Unternehmer hat den Verbraucher eigens von der Verkürzung vor Abgabe einer Vertragserklärung in Kenntnis zu setzen. Weiter muss der Verbraucher diesen gesondert sowie ausdrücklich zustimmen. Bei neu hergestellten Waren ist eine Verkürzung auf weniger als zwei Jahren nicht möglich. Bei gebrauchten Waren kann die Verjährung auf ein Jahr verkürzt werden, bedarf nach § 476 II S. 2 BGB jedoch ebenfalls eine ausdrückliche gesonderte Vereinbarung zwischen den Parteien.
IX. Sonderbestimmungen bei Garantien, § 479 BGB
Hauptanwendungsfall des § 479 BGB ist die Herstellergarantie bei neuen Waren. Er ergänzt insoweit den § 443 BGB. Voraussetzung ist die Übernahme einer selbstständigen Garantie iSd § 443 BGB.
Der § 479 I BGB bestimmt die Pflichtangaben der Garantieerklärung und der § 479 II BGB legt fest, dass die Garantieerklärung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden muss. Eine Legaldefinition eines dauerhaften Datenträgers ist in § 126b S. 2 BGB geregelt. Die inhaltlichen Mindestanforderungen normiert der § 479 III BGB.