a) Beschützergarant aufgrund natürlicher, familiärer Verbundenheit

Grundsätzlich führt die Verbundenheit zwischen Familienmitgliedern zu einer Beschützergarantenstellung. Die Obhutspflichten beziehen sich dann auf wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben. Es stellt sich dann jedoch die Frage, wer alles zu den Einstehenspflichtigen gezählt werden kann.

Die alleinige Annahme, alle Angehörigen sowie nahestehenden Personen iSd. §§ 11 I Nr. 1a, 35 StGB begründeten eine Garantenpflicht, vermag nicht zu überzeugen. Viel mehr muss das Opfer zusätzlich auf Hilfe angewiesen sein.1 Es kommt nicht nur auf eine formelle familienrechtliche Verbundenheit an, sondern zusätzlich auf materielle Bande, die zwischen den Beteiligten bestehen. Eben diese materielle Verbundenheit muss ein derartiges Obhutsverhältnis begründen, dass mit Beistand in Gefahrensituationen gerechnet werden kann. Hinsichtlich dieses materiellen Aspektes, ist insbesondere auf die familiäre Gemeinschaft abzustellen. Zu fragen ist dann, ob eine solche Gemeinschaft existiert, ob gegenseitiges Vertrauen besteht, oder ob etwaige Zerrüttungen usw. eine Rolle spielen. Formelle sowie materielle Kriterien spielen also zusammen und ergeben eine Gesamtbetrachtung aller Umstände.2

Von vornherein ausgeschlossen werden können Garantenpflichten bei Schwägerschaft 3, Verlöbnis sowie bloße Freundschafts-, Liebes- oder Nachbarschaftsbeziehungen.4

  • 1. Kühl JuS 2007, 497 (500).
  • 2. Rengier, Strafrahmen AT, § 50, Rn. 11f.
  • 3. BGHSt 13, 162 (166).
  • 4. Kindhäuser, Strafrecht AT, § 36, Rn. 75.