a) Garantenstellung durch vorausgegangenes gefährliches Tun (Ingerenz)

Eine Garantenstellung aus Ingerenz betrifft Fälle, in denen eine Person durch ein objektiv pflichtwidriges Tun oder Unterlassen eine Gefahr für Rechtsgüter Dritter schafft. Hierdurch soll diese Person dann verpflichtet sein, zur Abwendung des drohenden Erfolges entsprechende Rettungsmaßnahmen zu ergreifen.1
Die Garantenstellung aus vorausgegangenem gefährlichen Tun ist deswegen bei der Überwachungsgarantenstellung einzuordnen, weil der Täter in diesem Fall für die Überwachung der von ihm selbst geschaffenen Gefahr verantwortlich und zuständig ist.2 So ist z.B. der Kraftfahrer, der einen Radfahrer durch vorausgegangenes gefährliches Tun (Anfahren des Radfahrers) in Lebensgefahr gebracht hat als Garant verpflichtet, den drohenden Todeserfolg abzuwenden.3

Er hat die von ihm ausgelöste Todesgefahr zu überwachen.4 Die Gefahr richtet sich dann nach den Kriterien, nach denen sich auch schon das Schaffen eines Risikos bezüglich der objektiven Zurechnung bestimmt.5 An dieser Stelle sind also die allgemeinen Grundsätze der objektiven Zurechnung heranzuziehen. Kurz gesagt muss die Gefahr adäquat für den Erfolgseintritt sein.6

Die Übertragung bzw. das „Abwälzen“ der Garantenpflicht aus Ingerenz auf einen anderen Dritten ist nicht möglich.7

  • 1. Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rn. 725.
  • 2. Rengier, Strafrecht AT, § 50, Rn. 70.; BGHSt 38, 356 (358).
  • 3. BGH NstZ 1992, 125.
  • 4. Kühl, JuS 2007, 497 (503).
  • 5. Kindhäuser, Strafrecht AT, § 36, Rn. 64.; Rengier, Strafrecht AT, § 50, Rn. 72.
  • 6. Sch/Sch/Stree/Bosch, StGB-Kommentar, § 13, Rn. 34.
  • 7. Wessels/Beulke, Strafrecht AT, § 16, Rn. 727a.