§ 338 Nr. 1 StPO: vorschriftswidrige Besetzung

Autorin: Rechtsanwältin Vera Oldenburger

Rührt aus dem Anspruch auf einen gesetzlichen Richter nach Art. 101 GG
Rechtsgrundlage: GVG + DRiG iVm Geschäftsverteilungsplan
Beachte insbesondere die Regelungen in § 45 II DRiG sowie §§ 21 f. II; 21g IV; 16; 54, 76, 77 GVG

Beachte:

  • § 338 Nr. 1 2. Hs. iVm § 222 a I StPO: Verstoß liegt nur vor, wenn eine Besetzungsmitteilung vorgeschrieben ist (im ersten Rechtszug vorm LG/OLG).
  • Besetzungsänderung muss vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt werden. § 222 a I StPO
  • Rügepräklusion § 222b StPO: Besetzungseinwand muss vor/bis Beginn der Vernehmung des Angeklagten erfolgen
  • Keine willkürliche Besetzung
  • Widerruf der Entbindung kann nur erfolgen, sofern Entbindung gegen Art. 101 I S. 2 GG verstieß.
Beispiel:
Gegen einen Schöffen läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 316 StGB. Nach § 32 Nr. 2 GVG darf eine Entbindung nur wegen der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts eines Amtsdelikts bei dem als Rechtsfolge der Verlust der Amtsfähigkeit § 45 I StGB und eine Verurteilung von 1 Jahr Freiheitsstrafe im Raum steht. (Erst der Verdacht eines Verbrechens rechtfertig Entbindung)

Gängige Problemfälle:
a. Verhinderung wegen Krankheit/Urlaub
b. Mängel in der Person des Richters/Schöffen
Nicht von Rügepräklusion § 222 b StPO erfasst.
Geht § 338 Nr. 5 StPO (Anwesenheit) im Falle der Verhandlungsfähigkeit vor!

Beispiele:
  • Schöffe spricht kein deutsch (Gerichtssprache = deutsch!)
    = Verstoß gegen § 193 I GVG wenn Schöffe an der Urteilsberatung teilgenommen hat, da dieser die „3. Person“ der vorgeschriebenen Gerichtsbesetzung darstellt, die dann fehlt
  • § 22 V; 29 I GVG Richter auf Probe dürfen im 1. Jahr nicht den Vorsitz des Schöffengerichts haben
  • §§ 32 -34 GVG unfähige/ungeeignete Schöffen
    Beispiel Kopftuchfall: ein Kopftuch tragen bedeutet nicht unfähig oder ungeeignet zu sein!