Anspruch auf Anschlussförderung - BVerwG, 11.05.2006 - 5 C 10.05, BVerwGE 126, 33

Subventionen für Immobilien.

Sachverhalt

Die A-GmbH ist eine Immobilienfirma, die für private Bauherren Mietwohnungen als Anlageobjekte errichtet und im Anschluss verwaltet. Unter anderem war sie auch im Bundesland B im Bereich des sozialen Wohnungsbaus aktiv. Die Finanzierung der Bauvorhaben erfolgte zu 10% aus Eigenmitteln der Anleger, im Übrigen aus Bankkrediten.

Die Länder subventionierten den sozialen Wohnungsbau seit 1972, nach dem damals geltenden, inzwischen außer Kraft gesetzten 2. WoBauG sollte damit die Vermietung geförderter Wohnungen zu Konditionen erreicht werden, die dem Bedarf kleiner Kreise der Bevölkerung gerecht wurden. Nach den Richtlinien 1991 des Bundeslandes B aus dem Jahre 1977 erfolgte die Förderung durch Aufwendungshilfen die in der Höhe zur Verfügung gestellt wurden, die der Differenz zwischen der Kostenmiete und der vorgegebenen Sozialmiete bezogen auf den Bewilligungszeitraum entsprach. Der Betrag wurde jeweils für einen Zeitraum von 15 Jahren als Grundförderung bewilligt. In der Vergangenheit hatte sich das Land B nach Ablauf der Grundförderung dafür entschieden, die Förderung für weitere 15 Jahre als Anschlussförderung fortzusetzen. Der Grund hierfür war, dass für gewöhnlich erst nach Ablauf von 30 Jahren die zur Gewährleistung der Sozialmieten aufgenommenen zusätzlichen Fremdmittel getilgt waren.

In der Richtlinie zur Förderung wurde bestimmt, dass ein Rechtsanspruch auf Gewährung öffentlicher Mittel nicht besteht.

Auf Antrag der A bewilligte das zuständige Wirtschaftsministerium 1987 für ein entsprechendes Vorhaben Aufwendungshilfen ab dem 01.01.1988 für die Dauer von 15 Jahren, längstens jedoch bis zur planmäßigen Tilgung der zur Deckung der Gesamtkosten in Anspruch genommenen Fremdmittel. Aus dem von A dem Land B überlassenen Unterlagen zur Berechnung war ersichtlich, dass die Tilgung der Fremdmittel wie üblich 30 Jahre in Anspruch nehmen würde. Die Haushaltslage im Land B hat sich im Laufe der Zeit verschlechtert. Nach längerer Beratung und Einhaltung mehrerer Gutachten hat sich die Landesregierung entschieden, die geltende Richtlinie 1991 über die Anschlussförderung zum 01.01.2003 außer Kraft zu setzen, dies erfolgt durch die Richtlinie 2003 vom Februar 2003. Diese Entscheidung erfolgte auch vor dem Hintergrund, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt deutlich entspannt hat. Deshalb wies das Wirtschaftsministerium als zuständige Stelle den Antrag der A vom November 2002 auf Anschlussförderung ab dem 01.02.2003, mit Bescheid vom 01.04.2003 zurück.

A hat unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. In der Begründung führt A aus, dass sie aufgrund des Bescheides aus dem Jahre 1987 einen Anspruch auf Anschlussförderung habe. Dies ergebe sich auch schon aus der Formulierung „bis zur planmäßigen Tilgung der zur Deckung der Gesamtkosten in Anspruch genommenen Fremdmittel“. In jedem Fall enthalte der Bescheid eine entsprechende Zusicherung. Ein Anspruch folge weiterhin aus dem Gesetz, sowie aus Art. 3 I GG iVm mit dem Vertrauensschutzgrundsatz. Die A verweist unter anderem auch darauf, dass das finanzielle Risiko bei vielen Anlegern zur Insolvenz führen werde, weil diese nun circa die Hälfte der Investitionskosten nachschieben müssten. Die A ist der Ansicht, dass selbst wenn die Aufhebung der Richtlinie grundsätzlich möglich gewesen wäre, sie ihr gegenüber unbeachtlich wäre, da die A ihren Förderantrag bereits vor der Aufhebung der Richtlinie gestellt habe.

Hat die Klage der A Aussicht auf Erfolg?

Die Fallhistorie

Seit den späten Achtzigerjahren erhielt eine GmbH in Berlin Förderungen für den Wohnungsbau. Diese waren jeweils auf 15 Jahre angelegt, wurden bis 2002 stets verlängert und sollten nun mit Beginn des Jahres 2003 nicht mehr gewährt werden.

Der Problemkreis

Verpflichtungsklage, Anspruch auf Anschlusssubvention

Lösungsskizze

A. Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

II. Statthafte Klageart

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

IV. Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen

V. Zwischenergebnis

B. Begründetheit

I. Anspruch aus dem Subventionsbescheid von 1987

II. Anspruch aus einfach-gesetzlichen Regelungen

III. Anspruch aus Verfassungsrecht

IV. Ermessensfehlerfreie Bescheidung

V. Ergebnis

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Gutachten

Die Klage der A hat Erfolg, soweit sie zulässig und begründet ist.


A. Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des von A gestellten Anschlussförderungsantrags. Mangels aufdrängender Zuweisung richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 I 1 VwGO. Hierfür muss eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegen.

Dann müsste die zwischen den Beteiligten streitige Beziehung nach Maßgabe des öffentlichen Rechts zu beurteilen sein. Vorliegend begehrt die A die Vornahme öffentlich-rechtlichen Handelns, nämlich die Gewährung der Anschlussförderung. Eine Förderung wird grundsätzlich einstufig, und zwar öffentlich-rechtlich, abgewickelt, auch über das „ob“ der Förderung wird aufgrund öffentlichen Rechts entschieden. Damit liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit liegt nicht vor, da jedenfalls die A kein Verfassungsorgan ist. Auch ist eine abdrängende Zuweisung nicht ersichtlich.

Der Verwaltungsrechtsweg ist damit eröffnet.

II. Statthafte Klageart

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren, §§ 88, 86 III VwGO. In Betracht kommt die Verpflichtungsklage gem. § 42 I Var. 2 VwGO, wenn die Entscheidung über die Gewährung der Anschlussförderung durch Verwaltungsakt ergeht. Ist das Begehren der A darauf gerichtet, den Subventionsbetrag ausgezahlt zu bekommen, käme nur eine allgemeine Leistungsklage in Betracht.

A begehrt vorliegend im Ergebnis die Auszahlung der beantragten Anschlussförderung. Im vorliegenden Fall wird die Anschlussförderung auf Antrag gewährt. Über diesen Antrag muss eine hoheitliche Entscheidung über das „ob“ der Gewährung getroffen werden. Nach der Ausgestaltung der Subventionsgewährung wird deshalb über die Frage, ob die Anschlussförderung gewährt wird, durch Verwaltungsakt entschieden. Damit ist das Klagebegehren der Erlass eines Subventionsbescheides, statthafte Klageart ist demnach die Leistungsklage gem. § 42 I Var. 2 VwGO.

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO

Gem. § 42 II VwGO ist die Klage nur dann zulässig, wenn A geltend machen kann, durch die Ablehnung der Förderung in einem ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt zu sein. Nach der Möglichkeitstheorie darf eine Verletzung der Rechte nicht gänzlich ausgeschlossen sein. Vorliegend ist eine Verletzung nicht ausgeschlossen, da möglicherweise ein Anspruch auf die von A begehrte Anschlussförderung aus dem Subventionsbescheid von 1987, zudem aus dem WoBauG und aus Art. 3 I GG iVm mit der bisher vorherrschenden Subventionspraxis oder aus dem Gebot des Vertrauensschutzes bestehen könnte.

2. Klagefrist

Von der Einhaltung der Klagefrist gem. § 74 II iVm I 2 VwGO ist auszugehen.

3. Richtiger Klagegegner

Gem. § 78 I Nr. 2 VwGO iVm den entsprechenden Vorschriften des Landesrechts ist die Behörde, die den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes abgelehnt hat richtiger Klagegegner. Dies ist vorliegend das Wirtschaftsministerium.

IV. Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen

1. Beteiligtenfähigkeit

A ist als GmbH beteiligtenfähig gem. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO. Die beklagte Behörde, das Wirtschaftsministerium, ist gem. § 61 Nr. 3 VwGO beteiligtenfähig.

2. Prozessfähigkeit

Die Prozessfähigkeit ergibt sich aus § 62 III VwGO. Die A wird gem. § 35 Abs. 1 GmbHG vertreten, die Behörde durch den Behördenleiter.

V. Zwischenergebnis

Die Klage der A ist zulässig.


B. Begründetheit

Die Klage ist begründet, soweit die Ablehnung des begehrten Verwaltungsaktes rechtswidrig, die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt und die Sache spruchreif ist, § 113 V 1 VwGO. Dies ist dann der Fall, wenn die A einen Anspruch auf die begehrte Anschlussförderung hat.

I. Anspruch aus dem Subventionsbescheid von 1987

1. Der Bescheid aus dem Jahre 1987 könnte bereits eine Subventionsbewilligung für die Dauer von 30 Jahren beinhalten. Aus dem Wortlaut des Bescheides ergibt sich, dass sich die Förderung zunächst auf eine Dauer von 15 Jahren beschränkt, längstens jedoch bis zur planmäßigen Tilgung der zur Deckung der Gesamtkosten in Anspruch genommenen Fremdmittel. Darin ist eine Befristung der Leistungsbewilligung für die Dauer von 15 Jahren zu sehen. Dem steht auch nicht der Hinweis entgegen, dass die Subvention nur bis zur planmäßigen Tilgung der in Anspruch genommenen Fremdmittel gewährt wird. Dieser bringt nur zum Ausdruck, dass die Subventionierung bei Eintritt der Tilgung schon vor dem Ablauf von 15 Jahren beendet ist. Dies wird ebenfalls deutlich aus der zugrunde liegenden Richtlinie, in der eindeutig darauf hingewiesen wird, dass die bewilligten öffentlichen Mittel nicht auf Grundlage einer Rechtspflicht der Landesregierung gewährt würden. Basierend auf diesen Hinweisen, ist es auch für den Empfänger eines Bescheides für Anschlussföderung so zu verstehen, dass diese nicht in Erfüllung einer Rechtspflicht ergangen wären.

Damit ist mit dem Bescheid von 1987 keine Förderung für 30 Jahre, sondern zunächst eine Förderung für 15 Jahre gewährt worden.

2. Jedoch könnte die Anschlussförderung durch den Bescheid aus 1987 zugesichert worden sein. Eine Zusicherung ist eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, § 38 I 1 VwVfG.

Sie setzt voraus, dass gegenüber dem Adressaten der Wille der Behörde, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, unzweifelhaft zum Ausdruck kommt. Fraglich ist, ob mit dem Bescheid von 1987 eine solche selbstverpflichtende Willenserklärung vorliegt oder aber die Behörde eine Maßnahme ohne Bindungswillen in Aussicht stellt. Bei der Auslegung des Wortlauts des Bescheides aus 1987 ist unter Würdigung des objektiven Erklärungswertes jedoch nur der Wille zur einer Förderung für die Dauer von 15 Jahren zu erkennen. Eine Erklärung dahingehend, dass die Behörde die begehrte Anschlussförderung in jedem Fall bewilligen wird, ergibt sich aus dem Bescheid selbst nicht. Insbesondere nicht unter Beachtung des Wortlautes der zugrunde liegenden Richtlinie, die gerade nicht von einer Rechtspflicht ausgeht.

Weiterhin wäre eine Zusicherung dieser Art auch nicht rechtlich zulässig gewesen. Denn vor 15 Jahren konnte nicht darüber entschieden werden, ob eine Anschlussförderung erforderlich und haushaltsrechtlich überhaupt möglich gewesen wäre. Die Behörde ist durch die Ausgestaltung des Förderungsverhältnisses über die Grundförderung hinaus eindeutig aus dem Weg gegangen. Daher ergibt sich aus dem Bescheid von 1987 keine Anspruchsgrundlage für eine Anschlussförderung.

II. Anspruch aus einfach-gesetzlichen Regelungen

1. Ein Anspruch könnte sich aus dem WoBauG ergeben. Jedoch lässt sich diesem nur entnehmen, dass der soziale Wohnungsbau gefördert werden soll. Eine konkrete Anspruchsgrundlage ergibt sich hieraus eindeutig nicht.

2. Bei den dem WoBauG zugrunde liegenden Richtlinien handelt es sich um verwaltungsinterne Vorschriften, die keine Wirkung gegenüber dem Bürger haben sollen. Auch hieraus ergibt sich keine Anspruchsgrundlage.

3. Auch aus dem Haushaltsrecht ergibt sich keine Anspruchsgrundlage, da dieses ebenso keine Rechtswirkung gegenüber Dritten haben soll.

III. Anspruch aus Verfassungsrecht

1. Es könnte sich ein Anspruch aus Art. 3 I GG iVm mit der Förderungspraxis im Jahre 2003 ergeben. Dieser scheitert jedoch daran, dass eine Ungleichbehandlung nicht ersichtlich ist, da davon auszugehen ist, dass das Land seit dem Stichtag 01.01.2003 keinem Subventionsempfänger mehr eine Förderung gewährt hat.

2. Es könnte sich weiterhin ein Anspruch aus Art. 3 I GG iVm mit dem Gebot des Vertrauensschutzes iVm der Richtlinie 1991 ergeben. Nach dem Wortlaut der Richtlinie 1991 hätte diese das Vorhaben der A erfasst, es kann auch davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben der A ungeachtet des nun erfolgten Ausschlusses gefördert worden wäre. Denn nach der bisherigen Verwaltungspraxis sind alle Vorhaben die die Kriterien der Richtlinie 1991 erfüllt haben auch gefördert worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass eine die Subventionspraxis steuernde Verwaltungsvorschrift über die ihr zunächst innewohnende interne Bindung hinaus sowohl mittels des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG, als auch aus des im Rechtsstaatsprinzip in Artt. 20 und 28 GG verankertem Gebot des Vertrauensschutzes eine Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger begründen kann. Jeder Zuwendungsbewerber hat einen Anspruch darauf, nach dem aufgestellten Verteilungsprinzip behandelt zu werden. Demnach hat A einen Anspruch auf entsprechende Förderung die der Richtlinie gerecht wird, wenn die maßgebliche Richtlinie - vorliegend die Richtlinie 1991 - auf ihren Subventionsantrag noch anzuwenden ist. Dagegen spricht, dass die Richtlinie 1991 durch die Richtlinie 2003 zum 01.01.2003 außer Kraft gesetzt wurde.

a) Möglicherweise könnte die Aufhebung der Richtlinie unwirksam sein. Dann wäre sie weiterhin auf den Subventionsantrag der A anwendbar.

aa) Formell bestehen hinsichtlich der Außerkraftsetzung der Richtlinie 1991 keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit.

bb) Fraglich ist, ob die Aufhebung der Richtlinie 1991 über die Anschlussförderung materiell rechtmäßig ist. Grundsätzlich wäre sie das dann, wenn die Aufhebung auf sachlichen, willkürfreien Gründen beruht. Die Aufhebung wurde vorgenommen, weil sich die Wohnungslage deutlich entspannt und gleichzeitig die Haushaltslage deutlich verschlechtert hat. Beide Gründe sind sachliche, willkürfreie Gründe. Die Einstellung der Anschlussförderung könnte jedoch gegen das Gebot des Vertrauensschutzes verstoßen. Dieses setzt voraus, dass das Land einen entsprechend Vertrauenstatbestand geschaffen und A ein entsprechendes Vertrauen entwickelt hat, welches schutzwürdig ist. Jedoch spricht gegen die Schaffung eines Vertrauensschutzes durch das Land, dass dieses durch die Aufteilung in Grundförderung und Anschlussförderung zu erkennen gegeben hat, dass nach der Grundförderung erneut zu entscheiden ist. Weiterhin ist nach dem BVerfG das Vertrauen in den zeitlich unbegrenzten Fortbestand einer Subvention nicht schutzwürdig, da ein Subventionsempfänger grundsätzlich damit rechnen muss, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt werden. Denn das Interesse an Investitionssschutz bewirkt für sich allein keine rechtlich schutzwürdige Subventionssicherheit. Die Freiheit des Staates Subventionen zu gewähren, sie aber auch wieder einzustellen,unterliegt auch dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 I GG. Zur Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips hat der Staat ein weites Gestaltungsermessen. Gemessen an diesen Maßstäben, ist ein von A entwickeltes Vertrauen auf die Gewährung von Anschlussförderungen in Übereinstimmung der bisherigen Förderungspraxis nicht als schutzwürdig anzusehen. Denn das Risiko des Ausbleibens der Anschlussförderung liegt bei den Anlegern. Damit wurde keine, dieses Risiko auffangende, Regelung getroffen auf die A sich berufen könnte.

3. Die Außerkraftsetzung der Richtlinie 1991 könnte jedoch aufgrund der Stichtagsregelung unwirksam sein. Diejenigen, deren Grundförderung am oder nach dem 31.12.2002 ausläuft, erhalten keine Anschlussförderung mehr. Dann müssten Stichtstagsregelungen generell unwirksam sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Einführung eines Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts vertretbar ist. Vorliegend war die Einstellung der Anschlussförderung wegen der Auswirkungen auf den Landeshaushalt erforderlich, der Stichtag des 01.01.2003 hat hierbei ermöglicht, anstehende Förderungsmaßnahmen gleichmäßig zu erfassen. Zudem sind Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, hinzunehmen. Daher besteht gegen die Stichtagsregelung keine Bedenken.

4. Möglicherweise könnte aber hinsichtlich der rückwirkenden Einstellung der Anschlussförderung das Rückwirkungsverbot greifen. Durch die rückwirkende Einstellung der Anschlussförderung zum 01.01.2003 sind auch solche Anträge betroffen, die sich ab Januar 2003 in der Anschlussförderung befunden haben. Beim Rückwirkungsverbot ist zwischen der echten und der unechten Rückwirkung zu unterscheiden.

a) Die echte Rückwirkung betrifft in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Vorgänge, die neu geregelt werden. Vorliegend ist die Aufhebung der Anschlussförderung jedoch nicht nachträglich geändert worden, da hier nicht nachträglich abändernd in bereits abgeschlossene Anschlussförderungen eingriffen wurde. Damit liegt keine echte Rückwirkung vor.

b) Die unechte Rückwirkung betrifft gegenwärtige, nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen auf die für die Zukunft eingewirkt und zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet wird. Vorliegend ist die Anschlussförderung zwar ein in der Vergangenheit begonnener Vorgang, die Frage der Anschlussförderung als solches wird jedoch erst in der Zukunft relevant. Damit liegt eine unechte Rückwirkung vor. Dieser sind Grenzen aus der Sicht des Vertrauensschutzes und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gesetzt. Diese Grenzen wären dann überschritten, wenn die unechte Rückwirkung zur Erreichung des Normzweckes nicht geeignet und erforderlich ist, oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Normgebers übersteigen. Fraglich ist demnach, ob die Einstellung der Anschlussförderung verhältnismäßig ist. Das Ziel der Einstellung der Anschlussförderung ist die Haushaltskonsolidierung. Die Maßnahme ist dazu geeignet, denn der Landeshaushalt wird dadurch weniger belastet. Es ist auch kein gleich geeignetes und milderes Mittel ersichtlich, so dass die Maßnahme auch erforderlich ist. Der angestrebte Vorteil muss jedoch auch in einem angemessenen Verhältnis zum bewirkten Nachteil stehen. Vorliegend ist dazu zwischen dem wirtschaftlichen Verlust der Subventionsempfänger und dem öffentlichen Interesse an einer zweckentsprechenden Mittelverwendung und einer Vermeidung einer weiteren Verschärfung des Haushalts auf Seiten des Landes abzuwägen. Vorliegend kommen auf die Subventionsempfänger erhebliche Verluste zu. Gleichzeitig hat eine dramatische Veränderung des Landeshaushalts erhebliche Auswirkungen, denn die Mittel stehen im Haushalt nicht mehr zur Verfügung. Die erheblichen Verluste der Subventionsempfänger sind jedoch das verwirklichte Risiko, welches von Beginn an mit der Subventionierung einherging. Insofern hat sich für diese das bekannte Risiko verwirklicht. Damit ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht verletzt und die rückwirkende Einstellung der Anschlussförderung stellt damit auch keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot dar. Die Aufhebung der Richtlinie 1991 war damit nicht unwirksam.

5. Unbeachtlichkeit der Aufhebung der Richtlinie für A

Fraglich ist, ob die Aufhebung der Richtlinie gegenüber A unbeachtlich ist, da diese ihren Antrag auf Anschlussförderung bereits im November 2002 gestellt hatte. Dann müsste jedoch in den Richtlinien oder in der Verwaltungspraxis auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt werden um eine relevante Rechtsposition zu begründen. Vorliegend ist dies jedoch nicht der Fall. Zudem ist die Aufhebung der Subventionierung nicht zu beanstanden, so dass der Zeitpunkt der Antragstellung der A nicht ausschlaggebend ist.

6. Anspruch aus Art. 14 GG Die

A konnte jedoch einen Anspruch aus Art. 14 GG haben. Dann müsste die Aufhebung der Anschlussförderung den Schutzbereich des Art. 14 GG berühren. Die Eigentumsgarantie schützt jedoch nicht die bloße Erwartung einer Chance auf eine Anschlussförderung. Denn die A hatte lediglich einen Antrag gestellt, nicht jedoch bereits eine Subvention bewilligt bekommen, die ihr aufgrund eines Gesetzes oder aufgrund einer Rechtsposition zustand. Insofern besteht kein Anspruch aus Art. 14 GG.

IV. Ermessensfehlerfreie Bescheidung

Die A könnte einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Bescheidung haben. Nach der Schutznormtheorie besteht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung von Anträgen, wenn die das Ermessen einräumende Norm dazu bestimmt ist, zumindest auch die Interessen des Antragstellers zu schützen. Dann müsste der Antragsteller aber auch ein berechtigtes Interesse an der Vornahme der beantragten Leistung haben. Vorliegend sind Ermessensfehler in der Ablehnungsentscheidung nicht ersichtlich, da diese aus denselben Gründen erfolgte, die bereits die Aufhebung der Richtlinie gerechtfertigt haben. Weiterhin stünde in Frage ob das Wirtschaftsministerium überhaupt haushaltsrechtlich noch berechtigt wäre, die Subvention zu Gunsten der A zu gewähren.

V. Ergebnis

Die Klage der A ist zulässig, aber unbegründet, da die A keinen Anspruch auf eine Anschlussförderung hat.

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  Vielen Dank für die Zusendung dieses Falls an Jessica Große-Wortmann (Dipl.iur.) und Betreiberin des Blogs Juristischer Gedankensalat!

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