Wie soll mit einer abhanden gekommenen empfangsbedürftigen Willenserklärung verfahren werden, wenn der Empfänger gutgläubig gewesen ist?

Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites


1. Ansicht - Gleichstellung mit Fehlen von Erklärungsbewusstsein1

Nach dieser Ansicht ist der Fall eines gutgläubigen Empfängers gleichzustellen mit dem Fehlen des Erklärungsbewussteins.

Argumente für diese Ansicht

Objektive Betrachtung

Die Willenserklärung ist dann wirksam abgegeben, wenn der Erklärende es hätte erkennen und auch verhindern können, dass die Erklärung in den Verkehr gelangt. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Willenserklärung versehentlich in den Verkehr gelangte.

Vertretenmüssen

Wenn die Willenserklärung versehentlich in den Verkehr gelangte und der Erklärende dieses hätte, bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, verhindern können, gilt sie als abgegeben. Es obliegt dem Erklärenden die Sorgfalt in Bezug auf die Willenserklärung an den Tag zu legen.

Erklärungsbewusstsein fehlte

Gelangt die Willenserklärung in den Verkehr ohne dass der Erklärende dies wollte, so muss dieses genauso behandelt werden wie das Fehlen eines Erklärungsbewusstseins. Denn der Erklärende wollte die Erklärung nicht abgeben, es mangelt ihm also an Bewusstsein die Erklärung auch tatsächlich an den Empfänger zu leiten.

2. Ansicht - Keine Wirksamkeit2

Nach dieser Ansicht ist eine abhanden gekommene Willenserklärung nicht wirksam.

Argumente für diese Ansicht

Wirksamkeitsvoraussetzung der Willenserklärung

Eine empfangsbedürftige Willenserklärung hat als Wirksamkeitsvoraussetzung, dass sie von dem Erklärenden mit dessen Willen und Wissen auf den Weg gebracht wird, dass sie ohne weiteres Zutun den Empfänger erreicht. Dementsprechend kann eine abhanden gekommene und versehentlich zum Empfänger gelangte Willenserklärung nicht wirksam sein. Dem Erklärenden fehlte es am Wissen und Wollen.

Das BGB wertet eindeutig

In § 172 I BGB wertet der Gesetzgeber eindeutig den Fall einer solchen Konstellation. Wenn ein Aussteller einer Urkunde sich den Inhalt dieser nur zurechnen lassen,wenn er sie einem anderen ausgehändigt hat. Ist die Urkunde ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangt, ist sie ihm nicht zuzurechnen. Genauso muss auch im Fall der abhanden gekommenen Willenserklärung verfahren werden, denn hier fehlt eindeutig das Erklärungsbewusstsein des Erklärenden.

  • 1. Palandt/Ellenberger,75. Auflage 2015, § 130 BGB, Rn. 4.
  • 2. Musielak/Hau, Grundkurs BGB, 14. Auflage 2015, § 2, Rn. 89.

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