Umstritten ist die Rechtsnatur der Duldungsvollmacht.

Überblick

Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und ein Dritter dieses Dulden nach Treu und Glauben so verstehen darf, dass der als Vertreter handelnde auch bevollmächtigt ist. Schwierigkeiten bereitet hier das Verständnis der Duldungsvollmacht als Rechtsscheinsvollmacht oder als konkludente Vollmachtserteilung durch rechtsgeschäftliche Willenserklärung.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - Rechtsscheinsvollmacht1

Nach dieser Ansicht handelt es sich bei der Duldungsvollmacht um einen Fall der Rechtsscheinsvollmacht.

Argumente für diese Ansicht

Durch Duldung entsteht Rechtsschein

Wenn der Vertreter durch die Duldung des vollmachtlosen Auftretens eines Nichtberechtigten für Dritte den Eindruck vermittelt, dass eine Vollmacht bestehe, handelt es sich um einen Rechtsschein.

Analoge Anwendung von § 171 I BGB

Gem. § 171 I BGB muss sich der Vertretene seine Kundgebungen gegenüber Dritten oder öffentliche Bekanntmachungen zurechnen lassen, in welchen er jemanden zur Vertretung ermächtigt. Gemäß § 171 II BGB gilt die Vertretungsmacht so lange, bis sie widerrufen wird. Auch bei § 171 BGB wird teilweise eine Rechtsscheinsvollmacht angenommen. 2

Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung

Es ist der Grundsatz zu beachten, dass ein Schweigen im allgemeinen Rechtsverkehr als rechtliches Nullum einzustufen ist. Es liegt gerade keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung vor.

2. Ansicht - Erklärte Außenvollmacht3

Nach dieser Ansicht handelt es sich bei der Duldungsvollmacht um eine konkludente rechtsgeschäftliche Außenvollmacht.

Argumente für diese Ansicht

Objektiver Empfängerhorizont maßgebend

Lässt das Verhalten des Vertretenen für einen Außenstehenden den Schluss zu, dass die Vertretung seinem Willen entspricht, ist darin eine Willenserklärung zu sehen, vgl. §§ 133, 157 BGB. Dabei gibt derjenige, der einen anderen für sich handeln lässt, konkludent die Erklärung ab, dass der Bevollmächtigte mit Vertretungsmacht handelt und begründet damit die Legitimation des Bevollmächtigten.

Erklärungsbewusstsein ist nicht notwendig

Ein Erklärungsbewusstsein ist bei dem schlüssigen Verhalten nicht notwendig. Vielmehr genügt ein potenzielles Erklärungsbewusstsein, welches gegeben ist, wenn der Vertretene nach Treu und Glauben hätte erkennen müssen, dass sein Handeln als Vollmachtserteilung verstanden wird.

Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Privatautonomie

Durch die Willenserklärung, dass jemand anderes für jemanden handelt, gibt derjenige, der die Vollmacht ausspricht, eine privatautonome Willenserklärung ab. Hierbei reicht auch die wissentliche Duldung der Vertretung aus, ohne dass dabei eine Verletzung der Privatautonomie vorliegt.

  • 1. BGH NJW 2003, 2091; Denga/Winter, JuS 2023, 906).
  • 2. MüKoBGB/Schubert, 9. Auflage 2021, § 171 Rn. 1 f.
  • 3. Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Auflage 2022, § 172 Rn. 8; MüKoBGB/Schubert, 9. Auflage 2021, § 167 Rn. 108.

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