Trifft das Strafverfolgungsorgan auch dann eine Garantenpflicht, wenn es außerdienstliche von der Straftat Kenntnis erlangt?

Überblick

Aus § 258a StGB ergibt sich, dass zur Mitwirkung am Strafverfahren berufene Amtsträger sich in qualifizierter Weise strafbar machen können, wenn sie die Strafverfolgung vereiteln. In der Praxis kommt es dabei in der Regel zu einer Begehung durch Unterlassen, da Strafverfolgungsbeamte von Rechts wegen dazu verpflichtet sind, gegen alle ihnen bekannt werdende Straftaten vorzugehen. Aus dieser Pflicht resultiert eine Garantenpflicht iSd. § 13 StGB. Umstritten ist in diesem Kontext, ob einen Strafverfolgungsbeamten auch dann eine Garantenpflicht trifft und er sich wegen §§ 258a, 13 StGB strafbar macht, wenn er außerhalb seines Dienstes Kenntnis von Straftaten erlangt und es unterlässt, diesen nachzugehen.1

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Hinsichtlich außerhalb des Dienstes bekannt gewordener Straftaten trifft den Strafverfolgungsbeamte keine Garanten- und damit auch keinen Verfolgungspflicht.2

Argumente für diese Ansicht

Außerhalb des Dienstes ist auch der Strafverfolgungsbeamte Privatperson

Als Privatperson ist dieser dann aber gesetzlich nicht zur Mitwirkung an der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung verpflichtet. Außerhalb des Dienstes hat auch der Strafverfolgungsbeamte einen Anspruch auf Achtung seiner Privatsphäre. Vor allem soll dem Konflikt Respekt gezollt werden, in dem sich ein Richter befinden würde, wenn er privates Wissen gegenüber Angehörigen für die Strafverfolgung heranziehen müsste.3

2. Ansicht - Es findet eine Abwägung zwischen den Privatinteressen des Strafverfolgungsbeamten und dem Interesse der Öffentlichkeit statt. Bei überwiegendem öffentlichen Interesse besteht eine Garanten- und damit auch eine Handlungspflicht, soweit die Straftat nach Art oder Umfang die Belange der Öffentlichkeit im besonderen Maße berührt (bei § 138 StGB grundsätzlich der Fall).4

Argumente für diese Ansicht

Zwar steht dem Strafverfolgungsbeamten ein gewisser privater Raum und Kommunikationsbereich zur Verfügung, der ihm auch verbleiben muss, allerdings sind auch die Belange der Strafrechtspflege zu beachten. Beide Interessen können somit in Einklang gebracht werden.5

Ansonsten würde das Legalitätsprinzip verkannt werden

Würde man die Auffassung vertreten, der Strafverfolgungsbeamte müsste Straftaten, von denen er außerdienstlich Kenntnis erlangt hat, nicht weiter verfolgen, würde man gegen das Legalitätsprinzip verstoßen, das der Durchsetzung der Gleichheit vor dem Gesetz, des Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten und dem staatlichen Strafanspruch dient.6

  • 1. Rengier, BT I, § 21, Rn. 43ff.; Aufl. 17.
  • 2. MüKo/Cramer/Pascal, StGB, § 258a, Rn. 7, Aufl. 2.
  • 3. MüKo/Cramer/Pascal, StGB, § 258a, Rn. 7, Aufl. 2.
  • 4. BGHSt 38, 391ff.; Rengier, BT I, § 21, Rn. 45, Aufl. 17.; Schönke/Schröder/Streee/Hecker, StGB, § 258a, Rn. 11, Aufl. 29.; NK/Altenhain, StGB, § 258a, Rn. 7, Aufl. 4.; Fischer, StGB, § 258a, Rn. 4a., Aufl. 61.
  • 5. Rengier, BT I, § 21, Rn. 45, Aufl. 17.; Schönke/Schröder/Streee/Hecker, StGB, § 258a, Rn. 11, Aufl. 29.
  • 6. NK/Altenhain, StGB, § 258a, Rn. 7, Aufl. 4.

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