Fällt beim Rückerwerb des Nichtberechtigten das Eigentum automatisch an den Altberechtigten zurück?

Überblick

Problem: Es ist streitig, ob beim Rückerwerb des Nichtberechtigten vom gutgläubigen Erwerber das Eigentum automatisch an den Altberechtigten zurückfällt.


Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Differenzierende Theorie des automatischen Eigentumsrückfalls

Die Vertreter dieser Theorie gehen davon aus, dass das Eigentum des Altberechtigten dann wieder auflebt, wenn der Rückerwerb sich als Rückabwicklung des Rechtsverhältnisses zwischen Nichtberechtigtem und dem gutgläubigen Erwerber darstellt (sog. Innenverkehrsgeschäft). In anderen Fällen, wie der Rückveräußerung aufgrund neuer Erwerbscausa oder gesetzlichem Rückerwerb, erwirbt hingegen der Nichtberechtigte das Eigentum vom Berechtigten. 1

Argumente für diese Ansicht

Rückabwicklung durch Rückgängigmachung

Das Eigentum des ursprünglich Berechtigten lebt wieder auf, wenn die durch einen Nichtberechtigten veräußerte Sache im Rahmen der Rückgängigmachung vom gutgläubigen Erwerber an den Nichtberechtigten zurückgegeben wird. Denn dann besteht die Sachlage, wie sie vor dem gutgläubigen Erwerb bestand.

Geschäft für den, den es angeht

Parallel zum „Geschäft für den, den es angeht“, fällt das Eigentum mit Rückgabe der Sache an den Nichtberechtigten automatisch an den Altberechtigten zurück.

2. Ansicht - Weite Theorie des automatischen Eigentumsrückfalls

Die Vertreter dieser Theorie sehen das Eigentum des Altberechtigten durch den Rückerwerb vom gutgläubigen Erwerber in jeden Fall wieder aufleben. 2

Argumente für diese Ansicht

Gutglaubensschutz

Aus dem Gutglaubensschutz ergibt sich das Aufleben des Eigentums des Altberechtigten. Würde differenziert, ob der Rückerwerb im rechtlichen Zusammenhang mit dem zugrunde liegenden Geschäft des Ersterwerbers steht oder nicht, würden sachfremde Erwägungen in die Problematik einfließen. Eine Abgrenzung würde erschwert und damit die Leichtigkeit des Rechtsverkehrs beeinträchtigt.

Allgemeines Rechtsgefühl

Der „Rückerwerb des Nichtberechtigten“ verstößt gegen das Rechtsgefühl und ist mit der Interessenlage unvereinbar.

3. Ansicht - Theorie der schuldrechtlichen Abwicklung

Erwirbt der Nichtberechtigte vom gutgläubigen Erwerber die Sache zurück, so erwirbt er von einem Berechtigten und erlangt deswegen Eigentum. Ein automatischer Rückfall des Eigentums an den Altberechtigten tritt damit nicht ein. 3

Argumente für diese Ansicht

Keine rechtliche Basis

Es kann schon deshalb keine Rückverschaffung des Eigentums an den Altberechtigten geben, weil es keine taugliche Rechtsgrundlage dafür gibt. Der Altberechtigte ist am Rechtsverhältnis und eventuell bestehender Verträge zwischen Nichtberechtigtem und gutgläubiger Erwerber nicht beteiligt.

Schuldrechtlicher Anspruch

Der Altberechtigte wird durch das Gesetz geschützt. Der Nichtberechtigte erwirbt zwar zunächst Eigentum, muss dieses aber aufgrund obligatorischer Ansprüche auf Übereignung an den Altberechtigten zurückübertragen. Eine Rechtsfortbildung ist damit nicht notwendig.

Widerspruch im Liegenschaftsrecht

Eine Umlenkung des Rückübertragungsgeschäfts auf jemanden, der an diesem nicht beteiligt war, stellt zumindest im Liegenschaftsrecht eine nicht anwendbare Konstellation dar, denn dies widerspräche dem Grundbuch.

Vereinfachung Rechtsverkehr

Das allgemeine Interesse an Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs überwiegt die Eigentümerinteressen.

  • 1. MüKoBGB/Schäfer, 9. Auflage 2023, § 892 Rn. 39.
  • 2. Eichler, Institution SachenR, Bd. II 1, S. 178 ff.; Staudinger/Heinze, BGB, § 932 Rn. 114 (2020).
  • 3. Jauernig/Berger, BGB, 19. Auflage 2023, § 932 Rn. 2.

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