Was ist unter einem tätlichen Angriff iSd. § 114 StGB zu verstehen?
Überblick
§ 114 StGB zielt darauf ab, Vollstreckungsbeamte und vor allem Polizisten, die Diensthandlungen ausüben, stärker als bisher individuell zu schützen.1 Daher hat der Gesetzgeber 2017 die Tatvariante des tätlichen Angriffs aus § 113 StGB herausgenommen, in einen eigenständigen Tatbestand überführt und dessen Reichweite auf alle Diensthandlungen erstreckt.2 Die für den tätlichen Angriff angedrohte Strafe ist seither wesentlich höher als der Strafrahmen des § 113 StGB.3 In Ansehung des erhöhten Strafrahmens wird teilweise eine engere Definition des tätlichen Angriffs als die bislang anerkannte – die unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkung – verlangt.4 Umstritten ist, was unter einem tätlichen Angriff iSd. § 114 StGB zu verstehen ist.5
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht
Nach Vertretern der Literatur ist ein tätlicher Angriff eine auf den Körper zielende Handlung, die in der konkreten Situation körperverletzungsgeeignet ist.6 Es sind nur Handlungen erfasst, die konkret geeignet sind, die körperliche Unversehrtheit des Vollstreckungsbeamten tatsächlich und nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.7
Argumente für diese Ansicht
Für diese Ansicht spricht der erhöhte Strafrahmen des § 114 StGB: Bei der bislang anerkannten Definition des tätlichen Angriffs kann es nicht bleiben, da der erhöhte Strafrahmen nur dann als tat- und schuldangemessen angesehen werden kann, wenn seine Anwendung auf ein entsprechend erhöhtes Unrecht sichergestellt ist.8
Argumente gegen diese Ansicht
Gegen diese Ansicht spricht, dass es der Wille des Gesetzgebers war, bei Schaffung des § 114 StGB, den Schutz der Amtsträger durch eine erhöhte Strafandrohung bei tätlichen Angriffen – also solchen iSd. § 113 StGB – zu erhöhen.9 Diese Intention würde bei der engen Definition aber unterlaufen, weil dann sogar die Bandbreite strafbarer Handlungen, die einen tätlichen Angriff bilden können, im Vergleich zu § 113 StGB eingeschränkt werden würde.10
2. Ansicht
Nach Ansicht der Rechtsprechung ist ein tätlicher Angriff jede in feindseliger Absicht unmittelbar auf den Körper des Vollstreckungsbeamten abzielende Einwirkung ohne Rücksicht auf ihren (Körperverletzungs-)Erfolg.11
Argumente für diese Ansicht
Für die Rechtsprechung spricht, dass es die Intention des Gesetzgebers war, bei der Schaffung des § 114 StGB Vollstreckungsbeamte umfassend bei tätlichen Angriffen zu schützen.12
- 1. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 44.
- 2. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 44.
- 3. Eser/Steinberg, in: TüKo § 114 Rn. 1.
- 4. Vgl. Dallmeyer, in: BeckOK StGB § 114 Rn. 5.
- 5. Vgl. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 47; Dallmeyer, in: BeckOK StGB § 114 Rn. 5 ff.
- 6. Puschke/Rienhoff, JZ 2017, 924 (930 f.); Eser/Steinberg, in: TüKo § 114 Rn. 4.
- 7. Dallmeyer, in: BeckOK StGB § 114 Rn. 5.
- 8. Magnus, GA 2017, 530 (535); Dallmeyer, in: BeckOK StGB § 114 Rn. 5.
- 9. OLG Hamm, BeckRS 2019, 3129.
- 10. OLG Hamm, BeckRS 2019, 3129.
- 11. BGH, NJW 2020, 2347; Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 47.
- 12. Vgl. OLG Hamm, BeckRS 2019, 3129; Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 44.
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