Steht es dem Schutz des § 263 StGB entgegen, wenn das Opfer weiß, dass es sich selbst schädigt?
Überblick
Umstritten ist, ob der Schutz des § 263 StGB auch dann eingreift, wenn sich der Getäuschte über den selbstschädigenden Charakter der Verfügung bewusst ist, oder ob § 263 StGB stets eine unbewusste Selbstschädigung erfordert. Relevanz erlangt dieser Streit vor allem in den sogenannten Spenden- und Bettelfällen.
Die Auffassungen und ihre Argumente
1. Ansicht - Die Lehre von der unbewussten Selbstschädigung
Nach dieser Ansicht, ist es erforderlich, dass der Getäuschte nicht merkt bzw. sich nicht bewusst darüber ist, dass seine Verfügung eine Selbstschädigung herbeiführen wird.1 Weiß der Getäuschte, dass sein Vermögen gemindert wird, scheidet ein Betrug aus.
(Allerdings kommt diese Lehre vor allem in den Spenden- und Bettelfällen im Ergebnis häufig doch zu einer Strafbarkeit aus § 263 StGB. Nach der innerhalb dieser Meinung vertretenen Zweckverfehlungslehre, wird letztlich doch von einer „unbewussten“ Schädigung ausgegangen, wenn infolge der Täuschung der mit der Aufwendung verfolgte Zweck seinen sozialen Sinn verfehlt.)2
Argumente für diese Ansicht
Ansonsten würde die Dispositionsfreiheit geschützt werden, die gerade nicht von § 263 StGB erfasst werden soll
Bei der bewussten Selbstschädigung bezieht sich die Schutzwirkung des Tatbestandes nicht mehr auf das Vermögen als wirtschaftlichen Wert, sondern nur noch auf die Dispositionsfreiheit.3
Dass eine bewusste Selbstschädigung den Betrug ausschließt, ergibt sich bereits aus dem Charakter des Betruges als einen Sonderfall der mittelbaren Täterschaft mit dem Irrenden als Werkzeug gegen sich selbst.4
Erfasst der Verfügende Eintritt und Umfang des Vermögensschadens richtig, bleibt die Verantwortlichkeit für den Schaden nach allgemeinen Grundsätzen bei ihm und verlagert sich nicht auf den Täuschenden. Die bloße Täuschung des Opfers im Motivbereich kann die Verantwortlichkeit des Täters für den Vermögensschaden des Opfers nicht begründen.
2. Ansicht - § 263 StGB greift auch bei bewussten Selbstschädigungen ein5
Argumente für diese Ansicht
Wortlaut
Der Wortlaut des § 263 StGB erfordert keine unbewusste Selbstschädigung.6
Ein Angriff gegen das Vermögen durch Täuschung liegt auch in Fällen der bewussten Selbstschädigung vor
Der Betrug schützt als Vermögensdelikt vor durch Täuschung veranlasste Selbstschädigungen des eigenen Vermögens. Ein Angriff gegen das Vermögen liegt aber auch bei einer bewusstes Selbstschädigung vor.7
- 1. Schönke/Schröder/Perron, StGB, § 263, Rn. 41, 150, Aufl. 29.; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, § 41, Rn. 121f., Aufl. 10.; SK/Hoyer, StGB, § 263, Rn. 66, Aufl. 8.; Lackner/Kühl, StGB, § 263, Rn. 55, Aufl. 27.
- 2. Schönke/Schröder/Perron, StGB, § 263, Rn. 102, Aufl. 29
- 3. Lackner/Kühl, StGB, § 263, Rn. 55, Aufl. 27.
- 4. SK/Hoyer, StGB, § 263, Rn. 66, Aufl. 8.
- 5. BGH 29, 300 (302f.).; Rengier, BT I, § 13, Rn. 148, Aufl. 13.; BGH NJW 80, 2203.; Dölling in JuS 81, 570f.
- 6. Dölling in JuS 81, 571.
- 7. Dölling in JuS 81, 571.
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