Wann ist der Täter „betroffen“ im Sinne des § 252 StGB?

Überblick

Umstritten ist, wann der Täter im Sinne des § 252 StGB auf frischer Tat betroffen ist. Fraglich ist hier, ob nur derjenige Täter „betroffen“ ist, der auch von einer anderen Person tatsächlich wahrgenommen wird, oder auch der, der durch schnelles Zuschlagen der bemerkenden Person zuvorkommt. Mit anderen Worten, setzt ein Betroffensein nach § 252 StGB immer voraus, dass man von einer anderen Person bemerkt wird?

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Auch derjenige Täter wird betroffen, der durch schnelles Zuschlagen ein Bemerken der betreffenden Person vermeiden kann.1

Argumente für diese Ansicht

Wortlaut steht dem nicht entgegen.

Das Gesetz spricht ungenau nur von einem „Betreffen“ und nicht von einem „Bemerken“. Daher wird die zulässige Auslegung nicht überschritten, wenn man auch den Täter als betroffen bezeichnet, der dem Bemerktwerden nur durch schnelles Zuschlagen zuvorkommt. Die Worte "auf frischer Tat betreffen" bedeuten in dem gegebenen Zusammenhang nicht mehr als das bewusste oder unbewusste, geplante oder zufällige, raumzeitliche Zusammentreffen einer Person mit dem Dieb alsbald nach der Vollendung des Diebstahls. Jemand kann im reinen Wortsinn einen Dieb betreffen, ohne dass ihm dessen Anwesenheit bewusst wird.2

Das Wort „betroffen“ wird aus der Perspektive des Täters her bestimmt.

Dann kann man das Wort „betreffen/betroffen“ auch als bloßes „zusammentreffen“ oder „begegnen“ interpretieren.3Der Begriff des Betreffens muss also nicht zwangsläufig bemerken bedeuten.4

Zweck des § 252 StGB wird erfüllt.

Zweck des § 252 StGB ist es, die Verteidigung des ungesicherten Gewahrsams mit Raubmitteln zu bekämpfen. Indem man auch den Täter einbezieht, der eine Person, von der er bemerkt werden kann, am Tatort antrifft und diese durch einen Überraschungsmoment gezielt ausschaltet, wird diesem Zweck entsprochen.5

Das Merkmal „auf frischer Tat betroffen“ dient nur dazu, die Voraussetzungen räumlich und zeitlich einzugrenzen, unter denen ein Dieb einem Räuber gleichgestellt wird.

Der Dieb, der nach der Vollendung des Diebstahls und in unmittelbarem Zusammenhang mit ihm gegen eine Person Gewalt anwendet, um seinen unrechtmäßigen Gewahrsam zu sichern, wird gleich einem Räuber bestraft, weil es nahe liegt, dass er dieselbe Gewalt angewendet hätte, wenn er vor Vollendung des Diebstahls betroffen worden wäre. Das Betroffensein auf frischer Tat stellt also nur die Voraussetzung dar, unter welcher der Täter dann einem Räuber gleichgestellt wird.6

Ein Dieb, der Gewalt übt, unmittelbar bevor er bemerkt wird, muss genau so behandelt werden wie einer, der zuschlägt, nachdem er bemerkt wurde.

2. Ansicht - Der Täter ist nur betroffen, wenn er von einer anderen Person wahrgenommen, mithin bemerkt wird.7

Argumente für diese Ansicht

Wortsinn wird überschritten

Wortsinn ist deutlich überschritten. Betroffen ist nicht, wer dem Betreffen zuvorkommt und dem Opfer damit jede Möglichkeit der Wahrnehmung abschneidet. Ein solcher Täter wird nicht betroffen, sondern macht notgedrungen auf sich aufmerksam.8

Privilegierung hat seine Gründe

Die Privilegierung des Täters, der dem Bemerktwerden durch schnelles Zuschlagen zuvorkommt, erklärt sich daraus, dass er nicht nur handelt, um sich den Besitz an der Sache zu erhalten, sondern vielmehr um nicht bloßgestellt und überführt zu werden.9

Merkmal des Betroffenseins würde seine eigenständige Bedeutung verlieren

Denn in der Regel wird der Täter die Nötigungsmittel gegen eine am Tatort befindliche Person einsetzen. Der Täter wäre also nahezu immer von der Person „betroffen“, gegen die er Gewalt anwendet oder die er bedroht.10 Im Gegensatz dazu erlangt das Merkmal des Betroffenseins eine eigenständige Bedeutung, wenn man fordert, dass ein Dritter den Täter wahrnehmen muss.

  • 1. Lackner/Kühl, StGB, § 252, Rn. 4, Aufl. 27.; Rengier, BT I, § 10, Rn. 8, Aufl. 13.; BGHSt 9, 255.; Fischer, StGB, § 252, Rn. 6, Aufl. 59.
  • 2. Lackner/Kühl, StGB, § 252, Rn. 4, Aufl. 27.; BGHSt 26, 95 = BGH Urt. v. 27.02.75 – 4 StR 310/74, Ziffer 8.
  • 3. Rengier, BT I; § 10, Rn. 9, Aufl. 13.
  • 4. In diesem Punkt zumindest zustimmend: MüKo/Sander, § 252, Rn. 10, Aufl. 2.
  • 5. engier, BT I; § 10, Rn. 9, Aufl. 13.; In diesem Punkt zumindest zustimmend: MüKo/Sander, § 252, Rn. 10, Aufl. 2.
  • 6. BGHSt 26, 95 = BGH Urt. v. 27.02.75 – 4 StR 310/74, Ziffer 9.
  • 7. Im Ergebnis: MüKo/Sander, StGB, § 252, Rn. 11, Aufl. 2.; Wessels/Hillenkamp, BT II, § 9, Rn. 401, Aufl. 36.
  • 8. Wessels/Hillenkamp, BT II, § 9, Rn. 401, Aufl. 36.
  • 9. Wessels/Hillenkamp, BT II, § 9, Rn. 401, Aufl. 36.
  • 10. MüKo/Sander, StGB, § 252, Rn. 11, Aufl. 2, m.w.N.

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