Welche Rechtsnatur hat die Erfüllung?

Überblick

Es ist umstritten, ob zur Erfüllung einer Leistungspflicht das objektive Bewirken der Leistung genügt oder ob zusätzlich auch ein subjektives Tatbestandsmerkmal erforderlich ist.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - Vertragstheorie1

Nach dieser Ansicht hat die tatsächliche Vornahme der geschuldeten Leistung nur dann Erfüllungswirkung, wenn eine rechtsgeschäftliche Einigung vorliegt, die beinhaltet, dass die Vornahme die Erfüllung bewirken soll.

Argumente für diese Ansicht

Einigung

Sind sich die Vertragsparteien einig, dass eine bestimmte Leistung Erfüllungswirkung haben soll, liegt eine Erfüllung durch Leistung vor. Fehlt diese Einigung, ist die erbrachte Leistung nicht automatisch auch die Erfüllung.

2. Ansicht - Theorie der finalen Leistungsbewirkung2

Nach dieser Ansicht bedarf es zur Erfüllungswirkung der Leistung einer gesonderten Tilgungsbestimmung.

Argumente für diese Ansicht

Zweckbestimmung der Leistung

Eine Tilgungsbestimmung dient dazu, die Zweckbestimmung der Leistung zu verdeutlichen. Der Schuldner leistet insofern zweckbestimmt zur Erfüllung. Dies führt zu mehr Rechtssicherheit und Bestimmtheit.

Einseitige Rechtshandlung

Die Leistung ist grundsätzlich eine einseitige geschäftsähnliche Zwecksetzungshandlung. Dieser Zweck muss durch eine Tilgungsbestimmung notwendigerweise gesetzt werden.

Vergleich zum Bereicherungsrecht

Es wäre widersprüchlich, wenn der Leistungsbegriff in § 362 BGB einen anderen Inhalt hätte als derjenige im Bereicherungsrecht, bei welchem eine Zweckbestimmung gerade für unentbehrlich gehalten wird. Die Leistungskondiktion ist weitgehend die Umkehrung des Erfüllungsvorgangs.

3. Ansicht - Reale Leistungsbewirkung3

Nach dieser Ansicht lässt das tatsächliche Herbeiführen des Leistungserfolgs die Erfüllungswirkung bereits eintreten. Die Erfüllung ist objektive Tatbestandsfolge der Leistung, wobei auch der objektive Empfängerhorizont maßgeblich sein kann.

Argumente für diese Ansicht

Wortlaut § 362 I BGB

Der Wortlaut des § 362 I BGB spricht von einem Bewirken der Leistung, gemeint ist eine tatsächliche Leistung. Es bedarf darüber hinaus keinerlei subjektiven Elements.

Wortlaut § 366 II BGB

Der Wortlaut des § 366 II BGB lässt eindeutig den Schluss zu, dass eine Erfüllung auch ohne Zweckbestimmung des Leistenden eintritt. Insofern ist keine Tilgungsbestimmung notwendig.

Gesetz

Für weitergehende subjektive Anforderungen an das Bewirken der Erfüllung sind im Gesetz keine Anhaltspunkte vorhanden.

  • 1. von Tuhr, IherJB 48 (1904), 5; Muscheler/Bloch, JuS 2000, 729 (731 ff.).
  • 2. Ehmann, JZ 68, 549; Erman/Buck-Heeb, BGB, 17. Auflage 2023, § 362 Rn. 2; Muscheler/Bloch, JuS 2000, 729 (732 f.).
  • 3. BGH NJW 1991,1294 (1295); MüKoBGB/Fetzer, 9. Auflage 2022, § 362 Rn. 10; OLGZ 1989, 207.

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