Sind die gemäß § 80 II Nr. 4 VwGO sofort vollziehbaren Hausverbote iRd. § 123 StGB beachtlich?
Überblick
Es steht zunächst einmal fest, dass nichtige Hausverbote, Hausverbote die mit aufschiebender Wirkung angefochten worden sind und grundsätzlich auch solche, die noch angefochten werden können, im Rahmen des § 123 StGB unbeachtlich sind. Das bedeutet, dass der Täter demgegenüber ein Hausverbot ausgesprochen worden ist, sich nicht nach § 123 StGB strafbar machen kann, soweit das Hausverbot als Verwaltungsakt nichtig ist, angefochten ist oder angefochten werden kann und der Täter das Gebäude dennoch betritt. Beachtlich sind insoweit nur unanfechtbare Hausverbote. Umstritten ist nun, wie es sich mit Hausverboten verhält, die nach § 80 II Nr. 4 VwGO sofort vollziehbar sind.
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht - Sofort vollziehbare Verwaltungsakte (hier: Hausverbote) sind stets beachtlich, unabhängig von ihrer materiellen Rechtmäßigkeit und dem Ausgang etwaiger Rechtsbehelfe.1
Argumente für diese Ansicht
Einem sofort vollziehbaren Verwaltungsakt kommt bereits bei Erlass unmittelbar Wirkung zu
Stellt das Gesetz die Zuwiderhandlung gegen die Anordnung einer Verwaltungsbehörde unter Strafe, macht sich der Betroffene, der gegen diese Anordnung verstößt, nur dann strafbar, wenn sie ihm gegenüber Verbindlichkeit erlangt. Ein Verwaltungsakt nach § 80 II Nr. 4 VwGO erlangt jedoch bereits mit seinem Erlass unmittelbare Wirkung. Die Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung muss dann bestraft werden, wenn sie ohne Rücksicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels vollziehbar ist. In einem solchen Fall ist es dem Betroffenen nicht überlassen, zunächst die verwaltungsrechtliche Durchsetzbarkeit zu verhindern. Es ist eine strafrechtliche Pflicht zur Befolgung der Anordnung anzuerkennen. Ausschlaggebend sind stets die Verhältnisse zur Tatzeit. 2
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes steht nicht entgegen
Der Betroffene hat ein Hausverbot immer dann im Rahmen des § 123 StGB zu beachten, wenn es für ihn nach öffentlichem Recht verbindlich ist. Auch fehlerhafte Verwaltungsakte sind – abgesehen von ihrer Nichtigkeit – grundsätzlich wirksam (vgl. § 43 VwVfG).
Unzumutbarer Schwebezustand
Die Frage der Strafbarkeit des Täters bliebe so lange in der Schwebe, bis der Verwaltungsakt abschließend durch das Verwaltungsgericht als rechtmäßig oder rechtswidrig beurteilt werden würde. Der Strafrichter müsste das Verfahren bis dahin aussetzen.3Dies kann nicht Sinn und Zweck sein.
2. Ansicht - Das Hausverbot, das sofort vollziehbar ist, ist bis zu seiner Unanfechtbarkeit im Rahmen des § 123 StGB unbeachtlich4
Argumente für diese Ansicht
Entgegenstehen rechtsstaatlicher Prinzipien
Würde man den für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt im Rahmen des § 123 StGB für beachtlich halten, würde der Täter selbst dann noch wegen Verstoßes gegen einen rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakt bestraft werden, wenn das Verwaltungsverfahren zu seinen Gunsten ausgeht, z.B., wenn die aufschiebende Wirkung wieder hergestellt oder das Hausverbot aufgehoben wird. Dies ist mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar.5
- 1. BGHSt 23, 86, 91 ff.; NJW 1980, 1007; LK/Krüger, StGB, 13. Auflage 2021, § 123 Rn. 69.
- 2. BGHSt 23, 86, 92.
- 3. BGHSt 23, 86.
- 4. LK/Krüger, StGB, 13. Auflage 2021, § 123 Rn. 69 mwN auf Rengier, BT II, § 30 Rn. 24.
- 5. LK/Krüger, StGB, 13. Auflage 2021, § 123 Rn. 69 mwN auf Rengier, BT II, § 30 Rn. 24.
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