Nach welchen Kriterien ist die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung nach 113 StGB zu beurteilen?
Überblick
Um eine Strafbarkeit nach § 113 I StGB zu bejahen, ist es gem. § 113 III 1 StGB erforderlich, dass die Vollstreckungshandlung rechtmäßig ist. Nach welchen Kriterien die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung zu beurteilen ist, ist umstritten.1
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht: Strafrechtlicher Rechtmäßigkeitsbegriff
Die Rechtsprechung vertritt den sog. strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriff.2 Die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung hängt danach von drei Voraussetzungen ab:
Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsbeamten
Wahrung der wesentlichen Förmlichkeiten, insbesondere von Formvorschriften, die dem Schutz des Betroffenen dienen
Pflichtgemäße Würdigung der Eingriffsvoraussetzungen (ggf. pflichtgemäße Ermessensausübung). 3
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Vollstreckungshandlung ohne Berücksichtigung der materiellen Rechtslage rechtmäßig.4 Ein Irrtum des Amtsträgers über die tatsächlichen Voraussetzungen seiner Befugnis zum Eingriff soll die Rechtmäßigkeit des entsprechenden Vorgehens nicht ausschließen, wenn dieser Irrtum unvermeidbar war.5
Argumente für diese Ansicht
Für die Rechtsprechung spricht, dass diese berücksichtigt, dass sich ein Vollstreckungsbeamter häufig in der Lage befindet, in einem schwierigen Fall eine schnelle Entscheidung treffen zu müssen und es ihm oft nicht möglich ist, die gesamten tatsächlichen Umstände zu überblicken und richtig zu würdigen.6 Dafür spricht auch, dass es im Interesse einer effektiven Dienstausübung liegt, die Entschlusskraft der Vollstreckungsbeamten zu stärken und sie vor einem größeren Notwehrrisiko zu schützen.7
Argumente gegen diese Ansicht
Gegen die Rechtsprechung spricht, dass es kein „Irrtumsprivileg“ des Staates zu Lasten des Bürgers geben soll.8 Weiterhin spricht gegen die Rechtsprechung, dass sie außerhalb des Gesetzesvorbehalts Eingriffsrechte schafft.9
2. Ansicht: Materieller Rechtmäßigkeitsbegriff
Nach Vertretern der Literatur, welche den sog. materiellen Rechtmäßigkeitsbegriff vertreten, orientiert sich die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung an der sich aus dem Strafprozess-, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht ergebenden materiellen Rechtslage.10
Argumente für diese Ansicht
Für diese Ansicht spricht, dass ein „Irrtumsprivileg“ des Staates entfällt und eine engere Anbindung an die materiell-rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen gewährleistet ist.11
Argumente gegen diese Ansicht
Gegen diese Ansicht spricht, dass der Amtsträger vor eigenen Irrtümern geschützt werden muss und die Entschlusskraft von Hoheitsträgern geschwächt werden würde, wenn man diese mit den Irrtumsfolgen belasten würde.12
- 1. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 17.
- 2. BGH, NJW 1968, 710; BGH, NStZ-RR 2024, 75 (76).
- 3. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 17.
- 4. Zöller/Steffens, JA 2010, 164 ff.; Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 17 f.
- 5. Joecks/Jäger, Stuko § 113 Rn. 27.
- 6. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 26.
- 7. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 26.
- 8. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 27.
- 9. Rengier, StrafR BT II, § 53 Rn. 27.
- 10. Roxin/Greco, StrafR AT I, § 17 Rn. 1 ff.; Engländer, NStZ 2015, 577 ff.
- 11. Joecks/Jäger, Stuko § 113 Rn. 27.
- 12. Joecks/Jäger, Stuko § 113 Rn. 29.
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