Liegt die Drittbereicherungsabsicht auch dann vor, wenn der Vortäter bereichert werden soll?

Überblick

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 259 StGB ist auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes erforderlich, dass es dem Täter im Sinne eines zielgerichteten Wollens darauf ankommt, sich oder einen Dritten zu bereichern. Fraglich ist nun, ob dieser Dritte, der bereichert werden soll, der Vortäter selbst sein kann.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Der Vortäter kann nicht „Dritter“ im Sinne des § 259 StGB sein.1

Argumente für diese Ansicht

Wortlaut des § 259 I StGB

Der Wortlaut des § 259 I StGB bezeichnet den Vortäter als „ein anderer“ und unterscheidet diesen insoweit von dem „Dritten“, dem die Sache verschafft werden und der bereichert werden soll. Der „Andere“ kann nicht zugleich „Dritter“ sein.2

Die Begünstigung des Vortäters fällt bereits unter § 257 StGB, sodass ein konstruierter Rückgriff auf § 259 StGB unnötig ist.3

Vor allem die Entstehungsgeschichte und die Systematik legen es nahe, zwischen § 257 und § 259 StGB ein Alternativverhältnis anzunehmen.4

Typische Gefährlichkeit der Hehlerei liegt auch in dem Bereicherungsstreben Dritter

Die typische Gefährlichkeit der Hehlerei hat ihren Grund nicht nur in der Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage, sondern auch in dem verbreiteten Bereicherungsstreben Dritter, also gerade nicht des Vortäters. Vor allem dieses Bereicherungsstreben ist der Nährboden für das Weiterschieben rechtswidrig erlangter Beute.5

Würde man die Neufassung des § 259 StGB zum Anlass nehmen, auch den Vortäter als Dritten zu erfassen, würde man über den Willen des Gesetzgebers hinausschießen.

Ziel der Neufassung des § 259 StGB war es lediglich, den Tatbestand so über die erfasste Eigenbereicherungsabsicht hinaus zu erweitern, dass auch vormals zweifelhafte Fälle unter den Wortlaut subsumieren werden können.6

2. Ansicht - Auch der Vortäter kann „Dritter“ iSd. § 259 I StGB sein.7

Argumente für diese Ansicht

Die zufällige Formulierung des Gesetzestextes kann nicht gegen die Erfassung des Dritten sprechen.8

Es besteht die Gefahr, dass ansonsten die Absatzhilfe des § 259 I StGB leer läuft

Würde der Vortäter nicht als Dritter iSd. § 259 I StGB angesehen werden, würde die Absatzhilfe nach § 259 StGB leerlaufen, wenn hierbei (wie es in der Regel der Fall sein wird) nur für die Interessen des nach § 259 StGB straflosen Vortäters gehandelt wird.9

Rechtswidrige Besitzlage wird im gleichen Maße aufrechterhalten.

Wer dem Vortäter hilft, die Beute vorteilhaft abzusetzen, trägt ebenso zur Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage bei, wie der Hehler, der sich selbst oder eine andere Person als den Vortäter bereichern will.10

  • 1. Lackner/Kühl, StGB, § 259, Rn. 17, Aufl. 28.; MüKo/Maier, StGB, § 259, Rn. 153ff., Aufl. 2.; Rengier, BT I, § 22, Rn. 38, Aufl. 17.; Fischer, StGB, § 259, Rn. 27, Aufl. 61.; NK/Altenhain, StGB, § 259, Rn. 71, Aufl. 4.
  • 2. MüKo/Maier, StGB, § 259, Rn. 155, Aufl. 2 Rengier, BT I, § 22, Rn. 38, Aufl. 17.; Lackner/Kühl, StGB, § 259, Rn. 17, Aufl. 28.
  • 3. Rengier, BT I, § 22, Rn. 38, Aufl. 17.
  • 4. NK/Altenhain, StGB, § 259, Rn. 71, Aufl. 4.
  • 5. Lackner/Kühl, StGB, § 259, Rn. 17, Aufl. 28.
  • 6. NK/Altenhain, StGB, § 259, Rn. 71, Aufl. 4.
  • 7. Eisele, BT II, Rn. 1167, Aufl. 3.; Schönke/Schröder/Stree/Hecker, § 259, Rn. 44, Aufl. 29. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, BT, § 28, Rn. 27, Aufl. 3.
  • 8. Eisele, BT II, Rn. 1167, Aufl. 3.; Schönke/Schröder/Stree/Hecker, § 259, Rn. 44, Aufl. 29.
  • 9. Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, BT, § 28, Rn. 27, Aufl. 3.; Eisele, BT II, Rn. 1167, Aufl. 3.
  • 10. Schönke/Schröder/Stree/Hecker, § 259, Rn. 44, Aufl. 29.

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