Bezieht sich die Vermögensbetreuungspflicht im Rahmen des § 266 StGB auch auf den Missbrauchstatbestand (§ 266 I Alt. 1 StGB)?
Überblick
Der Tatbestand der Untreue nach § 266 I StGB enthält zwei voneinander zu trennende Tatbestandsmodalitäten: Zum einem den Missbrauchstatbestand, zum anderen den Treubruchstatbestand. Bei der ersten Variante, dem Missbrauchstatbestand, muss der Täter die ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbrauchen. Nach der zweiten Variante, dem Treubruchstatbestand, verletzt der Täter die ihm obliegende Pflicht fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen. Im Anschluss beider Tatmodalitäten ordnet das Gesetz an, dass das jeweilige Vorverhalten zu einer Nachteilszufügung führen muss. Umstritten ist nun, ob die Pflicht, fremdes Vermögen zu betreuen, nur für die unmittelbar voranstehende Tatmodalität des Treubruchstatbestandes gilt oder auch für die Missbrauchsvariante.
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht - Die Vermögensbetreuungspflicht gilt für beide Tatbestandsmodalitäten des § 266 I StGB 1
Argumente für diese Ansicht
Gesetzeswortlaut
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut und dem Satzbau der Norm ergibt sich, dass die Vermögensbetreuungspflicht für beide Tatbestandsmodalitäten gelten soll. 2
Gebotene restriktive Auslegung des Tatbestandes der Untreue
Das Kriterium der Vermögensbetreuungspflicht bewirkt, dass nicht jeder Treuebruch zur Erfüllung des Tatbestandes ausreicht. Es ist eine restriktive Auslegung des Tatbestandes der Untreue geboten, welche vollumfänglich erreicht wird, wenn man das einschränkende Kriterium der Vermögensbetreuungspflicht auch auf die Missbrauchsvariante anwendet. So führt nicht jeder Missbrauch sofort zur Erfüllung des Tatbestandes.3
2. Ansicht - Die Vermögensbetreuungspflicht gilt nur für Tatbestandsmodalität des Treubruchs.4
Argumente für diese Ansicht
Wortlaut unergiebig
Der Wortlaut des § 266 StGB spricht nicht zwingend für die Geltung der Vermögensbetreuungspflicht für beide Tatbestandsmodalitäten. Zwar ist richtig, dass der entsprechende Satzteil vom Gesetz auf beide Tatbestände bezogen wird, allerdings folgt daraus noch nicht, dass für beide Varianten eine identische Vermögensbetreuungspflicht vorauszusetzen ist. Es lässt sich vielmehr nur der Schluss ziehen, dass das Erfordernis einer Nachteilszufügung für beide Varianten gelten soll5
- 1. BGHSt 24, 386; 33, 244 (250 f.); 47, 187 (192); BVerfGE 126, 170; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 266 Rn. 2.
- 2. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 266 Rn. 2.
- 3. AK-StGB/Esser, 3. Auflage 2020, § 266 Rn. 15.
- 4. Labsch, Jura 1987, 344.
- 5. Labsch, Jura 1987, 344 (345).
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