Lässt das erschlichene Einverständnis die Strafbarkeit aus § 123 I 1. Var. StGB entfallen?
Überblick
„Eindringen“ iSd. § 123 I 1. Var. StGB bedeutet, das Betreten gegen den Willen des Berechtigten. Feststeht, dass dieses Merkmal als notwendiger Bestandteil des „Eindringens“ Teil des Tatbestandes ist und sein Fehlen zur Verneinung desselben und der Strafbarkeit aus § 123 I Var. 1 StGB führt. Ein Handeln mit Willen des Berechtigten lässt also nicht erst die Rechtswidrigkeit, sondern bereits den Tatbestand entfallen (sog. tatbestandsausschließendes Einverständnis). Umstritten ist nun, ob die Strafbarkeit auch dadurch entfällt, dass der Täter das Einverständnis des Betroffenen durch Täuschung erwirkt hat.
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht - Auch eine erschlichene Zustimmung des Berechtigten schließt die Strafbarkeit nach § 123 I 1. Var. 1 StGB aus.1
Argumente für diese Ansicht
Es fehlt dennoch an einem entgegenstehenden Willen.
Auch, wenn das Einverständnis erschlichen ist, fehlt es im Ergebnis dennoch an einem real entgegenstehenden Willen des Berechtigten, den der Täter zu überwinden hätte.2
Nur der tatsächliche Will ist maßgeblich.
Da bei § 123 StGB nur der tatsächliche Wille maßgeblich sein kann, liegt auch bei einer durch Täuschung erschlichenen Erlaubnis ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor.3
2. Ansicht - Ein durch Täuschung erschlichenes Einverständnis ist unwirksam und lässt die Strafbarkeit daher nicht entfallen.4
Argumente für diese Ansicht
Der Täter handelt auch bei erschlichenem Einverständnis eigenmächtig.
Die Erklärung des vermeintlichen Einverständnisses ist in diesem Fall dem Täter und nicht dem Berechtigten zuzurechnen, sodass der Täter eigenmächtig und nicht mit dem rechtsverbindlichen Willen des Berechtigten handelt.5
- 1. Rengier, BT II, § 30, Rn. 10, Aufl. 15.; Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, StGB, § 123, Rn. 22, Aufl. 28.; Wessels/Hettinger, BT I, § 13, Rn. 587, Aufl. 37.
- 2. Wessels/Hettinger, BT I, § 13, Rn. 587, Aufl. 37.
- 3. Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, StGB, § 123, Rn. 22, Aufl. 28.
- 4. Kindhäuser, BT I, § 33, Rn. 23, Aufl. 6.
- 5. Kindhäuser, BT I, § 33, Rn. 23, Aufl. 6.
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