Kann der Aussteller selbst den Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB verwirklichen?

Überblick

Gemäß § 267 I Var. 2 StGB ist auch derjenige strafbar, der eine echte Urkunde verfälscht, sprich nachträglich den gedanklichen Inhalt der Urkunde verändert, wohingegen der Aussteller der Urkunde unverändert bleiben muss. Als typische Folge tritt faktisch die Wirkung des § 267 I Var. 1 StGB ein; nämlich die Herstellung einer unechten Urkunde, da die neue Erklärung nicht mehr von dem Aussteller stammt.
Umstritten ist nun, ob der Aussteller selbst die von ihm erstellte, echte Urkunde nachträglich durch eine Veränderung des Inhalts verfälschen und somit den Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB erfüllen kann.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht

Der Aussteller kann den Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB vor allem dann selbst erfüllen, wenn er inzwischen die ausschließliche Dispositionsfreiheit über die Urkunde verloren und ein anderer mittlerweile ein berechtigtes Interesse an der Unversehrtheit der Urkunde erlangt hat.1

Argumente für diese Ansicht

Die Urkunde ist in diesem Fall im Rechtsverkehr wirksam geworden.

Die nachträgliche Änderung ist dann unbefugt, wenn sich der Aussteller der Urkunde schon entäußert hat und sie damit in den Rechtsverkehr gelangt ist. In diesem Moment ist sie im Rechtsverkehr wirksam geworden, sodass der Aussteller sie in dieser Fassung gegen sich gelten lassen muss.2

2. Ansicht

Der Aussteller selbst kann den Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB nicht selbst erfüllen.3

Argumente für diese Ansicht

Die Folge der Verwirklichung des § 267 I Var. 2 StGB – nämlich die Entstehung einer unechten Urkunde nach § 267 I Var. 2 StGB – kann nicht eintreten, wenn der Aussteller selbst die Urkunde verfälscht.

Inhaltliche Manipulationen durch den Aussteller ändern nichts daran, dass die Erklärung in der vorliegenden Form von demjenigen stammt, der als Aussteller in Erscheinung tritt, sodass im Ergebnis keine unechte Urkunde entstehen kann. Dies kann nicht mit einer „Erweiterung“ des Unechtheitsbegriffs überspielt werden (denn unecht ist eine Urkunde nur dann, wenn über die Identität des Ausstellers getäuscht wird).4

Vermengung der Schutzbereiche des § 267 und § 274 StGB.

Würde man annehmen, dass auch der Aussteller selbst den Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB erfüllen kann, würde sich der Schutzbereich des § 267 mit dem des § 274 StGB vermengen. Eine Integration in ein in sich stimmiges System ist nicht möglich.5

  • 1. BGHSt 13, 382 (285ff.).; LK/Zieschang, StGB, § 267, Rn. 203ff., Aufl. 12.; Rengier, BT II, § 33, Rn. 24, Aufl. 15.
  • 2. LK/Zieschang, StGB, § 267, Rn. 204, Aufl. 12.
  • 3. MüKo/Erb, StGB, § 267, Rn. 189ff., Aufl. 2.
  • 4. MüKo/Erb, StGB, § 267, Rn. 190, Aufl. 2.
  • 5. MüKo/Erb, StGB, § 267, Rn. 191, Aufl. 2.

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