Ist die Hilfeleistung gemäß § 323c StGB auch dann zumutbar, wenn sich der Täter dadurch in die Gefahr einer Strafverfolgung bringt?

Überblick

Es besteht Einigkeit darüber, dass dem Täter die Hilfeleistung auch dann zumutbar ist, wenn er den Unglücksfall (auch schuldlos) verursacht hat und sich die drohende Verfolgungsgefahr auf eine Straftat bezieht, die mit dem Unfall in irgendeinem Zusammenhang steht.1 Streitig ist nun, ob die Hilfeleistung auch dann noch zumutbar ist, wenn der Täter bezüglich solcher Straftaten eine Strafverfolgung zu befürchten hat, die mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehen. Zu denken ist vor allem an den Fall, dass sich der Bankräuber auf seiner Flucht nicht um Verletzte eines anderweitigen Unfalls kümmert.


Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites

1. Ansicht - Trotz zu befürchtender Strafverfolgung wegen Straftaten, die mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehen, ist dem Täter die Hilfeleistung nach wie vor zumutbar.2

Argumente für diese Ansicht

Eine andere Behandlung wäre widersprüchlich.3

2. Ansicht - Soweit die Straftat in keinem Zusammenhang mit dem Unfall steht, kann sich der Täter auf Unzumutbarkeit der Hilfeleistung berufen.4

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich bei der Straftat um eine geringfügige Tat handelt und durch den Unglücksfall Lebens- oder schwere Leibesgefahr droht.5 Zudem gilt ein anonymer Anruf, durch den Hilfe erreicht werden kann, grundsätzlich als zumutbar.6

Argumente für diese Ansicht

Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit nach § 136 I 2 StPO

136 I 2 StPO besagt, dass es dem Beschuldigten freisteht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Dieser Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit wiegt in solchen Fällen schwerer als die Hilfeleistungspflicht. 7

  • 1. Folgt aus: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; BGHSt 11, 135; BGHSt 11, 353.
  • 2. AK/Conen, StGB, 3. Auflage 2020, § 323c Rn. 40.
  • 3. Folgt aus: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; BGHSt 11, 135; BGHSt 11, 353.
  • 4. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Eisele BT I, Rn. 1264, Aufl. 3.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 15, Aufl. 16.
  • 5. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20.
  • 6. BGHSt 11, 135 (138 f.).
  • 7. Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 34.

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