Ist die Folter durch Privatpersonen im Rahmen § 32 StGB gerechtfertigt?

Überblick

Fraglich ist, ob die Grundsätze über das Folterverbot auch auf Foltermaßnahmen zu übertragen sind, die von Privatpersonen ausgehen.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - Das Folterverbot gilt auch für Privatpersonen.1

Argumente für diese Ansicht

Zwingendes Völkerrecht.

Das Folterverbot des Art. 3 EMRK bindet als zwingendes Völkerrecht gemäß Art. 25 GG auch Privatpersonen.2

Drittwirkung der Menschenwürde.3

Daher sind auch Privatpersonen zu deren Beachtung verpflichtet.
Dürften beispielsweise die Eltern des entführten Kindes das tun, was der Polizei verboten ist, müsste das Opfer hoffen, dass seine Verwandten seinen Peiniger vor der Polizei in die Finger bekämen. Auch die zu diesem Zwecke durchgeführte, nach § 120 StGB strafbare Gefangenenbefreiung des sich in Gewahrsam befindlichen Täters wäre nach § 32 StGB gerechtfertigt. Zudem sähen sich die Eltern gezwungen, den Täter solange nicht der Polizei zu übergeben, bis sie alle erforderlichen Informationen erlangt hätten.4

2. Ansicht - Das Folterverbot gilt nicht für Privatpersonen.5

Argumente für diese Ansicht

Folterverbote sind an die staatlichen Organe adressiert, nicht an Privatpersonen.6

Ansonsten dürfte sich auch der Angegriffene nicht mittels Folterung zur Abwehr der Rechtsgutsverletzung erforderliche Informationen beschaffen.

Würde man dem Argument nachgehen, dass die Menschenwürde Drittwirkung entfaltet, hätte dies zur Konsequenz, dass auch der Angegriffene selbst darauf verzichten und sich letztlich töten lassen müsste, wenn er denjenigen, der ihm ein langsam wirkendes tödliches Gift gespritzt hat, nicht mittels Prügel dazu bringen darf, den Namen des Giftes zu verraten oder das Gegenmittel herauszugeben.7

  • 1. Schönke/Schröder/Perron, StGB, § 32, Rn. 62a., Aufl. 29.; Rengier, AT, § 18, Rn. 99, Aufl. 7.
  • 2. Schönke/Schröder/Perron, StGB, § 32, Rn. 62a., Aufl. 29.
  • 3. Rengier, AT, § 18, Rn. 99, Aufl. 7.
  • 4. In diesem Punkt einsehend: Fahl in Jura 07, 743 (748).
  • 5. Im Ergebnis wohl: Fahl in Jura 07, 743 (748f.).; Jäger in JA 08, 678 (681).
  • 6. Insoweit zumindest: Rengier, AT, § 18, Rn. 99, Aufl. 7.
  • 7. Fahl in Jura 07, 743 (748).

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