Ist in § 224 I Nr. 5 StGB eine abstrakte oder eine konkrete Gefahr gemeint?

Überblick

Umstritten ist, ob bei der Variante der lebensgefährdenden Behandlung nach § 224 I Nr. 5 StGB die Begehungsweise – also die Tathandlung – zu einer abstrakten oder einer konkreten Lebensgefahr führe muss. Mit anderen Worten ist danach zu Fragen, ob es aus Sicht eines objektiven Beobachters nur noch vom Zufall abhängen muss, ob der Todeserfolg eintritt, oder ob es ausreicht, dass die Begehungsweise objektiv generell dazu geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen.1

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Für die lebensgefährdende Behandlung iSd. § 224 I Nr. 5 StGB genügt es, dass die Begehungsweise nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, also nach Art, Dauer und Stärke der Einwirkung objektiv generell dazu geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen.2

Argumente für diese Ansicht

Alle anderen Varianten des § 224 I StGB lassen ebenfalls eine abstrakte Gefahr ausreichen

Würde man eine konkrete Lebensgefahr verlangen, würde sich die Variante 5 des § 224 I StGB zu weit von den anderen Varianten entfernen und zugleich zu nahe an die §§ 212, 22 StGB herangerückt werden.3

2. Ansicht - Es ist erforderlich, dass das Opfer durch die Begehungsweise in eine konkrete Lebensgefahr gebracht wird und der Eintritt des Todeserfolges nur noch vom Zufall abhängt.4

Argumente für diese Ansicht

Restriktive Auslegung aufgrund hoher Strafandrohung

Aufgrund dessen, dass das Strafmaß angehoben wurde, erscheint es nur sachgemäß auch die Tatbestandsmerkmale restriktiv auszulegen und somit nicht nur einen abstrakte, sondern eine konkrete Lebensgefahr zu fordern.5

  • 1. Kindhäuser, LPK-StGB, § 224, Rn. 18f., Aufl. 6.; Rengier, BT II, § 14, Rn. 50, Aufl. 13.
  • 2. BGHSt 36, 1 (9).; Eisele, BT I, Rn 341, Aufl. 1.; Schönke/Schröder/Stree/Sternberg-Lieben, StGB, § 224, Rn. 12, Aufl. 29.; Satzger/Schluckebie/Widmaier/Momsen/Momsen-Pflanz, StGB, § 224, Rn. 28, Aufl. 2; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, § 9, Rn.18, Aufl. 20.; Wessels/Hettinger, BT I, § 5, Rn. 282, Aufl. 34.
  • 3. Rengier, BT II, § 14, Rn. 50, Aufl. 13.
  • 4. NK/Paeffgen, § 224, Rn. 27, Aufl. 3.; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, BT, § 6, Rn. 58, Aufl. 3.
  • 5. NK/Neumann, § 224, Rn. 28, Aufl. 3.

Lass dir das Thema Ist in § 224 I Nr. 5 StGB eine abstrakte oder eine konkrete Gefahr gemeint? noch mal ausführlich erklären auf Jura Online!


Zurück zu allen Streitständen


Karrierestart

Wie finde ich das passende Praktikum, die passende Anwaltsstation oder den passenden Nebenjob im Referendariat? Ausgeschrieben Jobs & Karriere Events & Arbeitgeber

Finde heraus, was Gütt Olk Feldhaus Dir als Arbeitgeber zu bieten hat
Das könnte Dich auch interessieren
Überblick Umstritten ist, ob § 33 StGB auch dann anwendbar ist, wenn der Notwehrexzess bewusst, a…
Überblick Immer wieder kommt diese Frage auf: Haben Verwaltungsvorschriften eine unmittelbare Außen…
Überblick Ein sowohl für die Theorie als auch für die Praxis relevante Streitigkeit ist die Thema…
Überblick Allgemein anerkannt ist zwar, dass die GoA auch im öffentlichen Recht Anwendung findetS…
Was hat Allen & Overy als Arbeitgeber zu bieten