Gehören auch Tatbeteiligte zu den geschützten „anderen“ iSd. § 315c StGB?

Überblick

Wer sich dem § 315c I Nr. 1 bzw. Nr. 2 StGB entsprechend verkehrswidrig verhält und dadurch u.a. Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Fraglich ist nun, ob sich der Täter auch dann strafbar macht, wenn durch sein Verhalten „nur“ ein Tatbeteiligter verletzt oder gefährdet wird. Da § 315c StGB ein eigenhändiges Delikt ist, kann der Mittäter schon mal kein „anderer“ sein. Die Streitfrage bezieht sich daher auf Teilnehmer, insbesondere auf Anstifter oder Gehilfen, die als Beifahrer mitwirken. Dabei ist zu beachten, dass Insassen, die keine Teilnehmer sind, immer als „andere“ Menschen durch § 315c I StGB geschützt werden.1


Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Der Teilnehmer ist kein „anderer“ Mensch iSd. § 315c StGB2

Argumente für diese Ansicht

Teilnehmer steht auf Täterseite

Der Teilnehmer steht auf der Seite des Täters und kann daher nicht zugleich auch Opfer sein. Der Teilnehmer kann nicht stellvertretend für die vom Tatbestand geschützte Allgemeinheit stehen.3

Der Teilnehmer würde eigene Teilnehmerschaft begründen

Wenn der Teilnehmer der einzige ist, der gefährdet wird, würde er seine Teilnehmerschaft selbst begründen, weil er zugleich das einzige Objekt der erforderlichen konkreten Gefährdung wäre, was erst zur Verwirklichung des Tatbestandes führen würde.4

2. Ansicht - Auch Teilnehmer können „andere“ Menschen iSd. § 315c StGB sein.5

Argumente für diese Ansicht

Der Wortlaut des § 315c I StGB zwingt nicht dazu das Tatbestandsmerkmal „anderer“ Mensch derart einzuschränken, dass darunter keine Teilnehmer mehr zu subsumieren wären.6

Auch bei den §§ 212, 222, 223, 229 StGB sind Tatbeteiligte als „andere“ Menschen geschützt.7

  • 1. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 315c Rn. 31.
  • 2. BGHSt 6, 100; BGHSt 27, 40 (43); Fischer, StGB, 69. Auflage 2022, § 315c Rn. 15b.
  • 3. BGHSt 27, 40 (43).; Ranft, Jura 1987, 608 (614).
  • 4. LK-StGB/König, 13. Auflage 2020, § 315c Rn. 160.
  • 5. Schönke/Schröder/ Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 315c Rn. 31.
  • 6. OLG Stuttgart von 17.10.1975 1 Ss (9) 376/75.
  • 7. Schönke/Schröder/ Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, vor §§ 211 Rn. 33.

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