Erfasst § 266b StGB auch den Missbrauch von Kundenkarten im Zwei-Personen-System?

Überblick

Umstritten ist, ob der Tatbestand des Scheck- und Kreditkartenmissbrauchs gemäß § 266b StGB auch den Missbrauch von Kundenkarten im Zwei-Personen-System erfasst. Bei diesen Kundenkarten handelt es sich um Kreditkarten, die von einem Unternehmen für ihre Kunden ausgegeben werden. Der Kunde kann dann – ausschließlich in Filialen dieses Unternehmens – bargeldlose Geschäfte abschließen, wobei das Unternehmen vorleistet und die Forderung erst zu einem späteren Zeitpunkt einzieht.
Strittig ist nun, ob diese Kundenkarten ebenso wie Universalkreditkarten (namentlich Visa, Mastercard, usw.) unter § 266b StGB fallen, soweit diese missbraucht werden.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Der Missbrauch von Kundenkarten fällt nicht unter § 266b StGB1

Argumente für diese Ansicht

Es kommt zu keinen Strafbarkeitslücken

Eine Subsumtion der Kundenkarte unter den Tatbestand des § 266b StGB ist nicht notwendig, da der Missbrauch von Kundenkarten beim getäuschten Partner in der Regel einen Irrtum hervorrufen wird, sodass § 263 StGB zur Anwendung kommt.2

Keine Kreditkarte im klassischen Sinne

Zwar werden diese Kundenkarten auch als Kreditkarten bezeichnet, allerdings handelt es sich lediglich um einen Ausweis über die Eröffnung eines Kredits auf einem Kundenkonto, das dem Unternehmen ein Erbringen von Leistungen ermöglicht, ohne erneut die Kreditwürdigkeit überprüfen zu müssen.3

Dem Zweck nach soll § 266b StGB Beziehungen erfassen, in denen der Kreditgeber auf Grund einer durch die Benutzung der Karte ausgelösten Zahlungsgarantie zur Zahlung an Dritte verpflichtet wird.4

Die Funktion solcher Karten besteht aber gerade nicht darin, den Kartenaussteller zu einer Zahlung aufgrund einer Garantieverpflichtung gegenüber einem Dritten zu veranlassen. Die Verwendung solcher Kundenkarten führt lediglich zur Stundung von Forderungen des Ausstellers gegen den Karteninhaber.5

Gesetzeswortlaut „Zahlung“ steht entgegen.

Dem Aussteller wird bei den Kundenkarten im Verrechnungsweg keine Zahlung abverlangt. Vielmehr werden Waren oder auch Dienstleistungen zur Verfügung gestellt.6

2. Ansicht - Der Missbrauch von Kundenkarten im Zwei-Personen-System fällt unter den Tatbestand des § 266b StGB7

Argumente für diese Ansicht

Der Wortlaut „Zahlung“ steht nicht entgegen

Der Wortlaut „Zahlung“ steht nicht entgegen, da Zahlung funktionell als „Leistung“ zu verstehen sein kann und somit auch Waren- und Dienstleistungskredite erfasst werden.8

Ungleichbehandlung des Täters im Rahmen eines Zwei-Personen-Systems und innerhalb eines Drei- oder Vier-Personen-Systems9

Der Täter im Rahmen des Zwei-Personen-Systems wird nach § 263 StGB und nicht nach dem milderen § 266b StGB bestraft, der zudem den Versuch straflos lässt.

  • 1. BGHSt 38, 281 ff.; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 266b Rn. 5b.
  • 2. Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht, Rn 9.
  • 3. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 266b Rn. 5b.
  • 4. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 266b Rn. 5b.
  • 5. LK-StGB/Möhrenschläger, 12. Auflage 2012, § 266b Rn. 35.
  • 6. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 266b Rn. 5b; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht, Rn 9.
  • 7. Otto, JZ 1992, 1139.
  • 8. Otto, JZ 1992, 1139.
  • 9. Otto, JZ 1992, 1139 (1140).

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