Stellt das reine Bereitstellen der Ware bereits ein Angebot dar?

Überblick

Umstritten ist, ob das Ausstellen von Ware in einem Selbstbedienungsgeschäft bereits ein verbindliches Angebot an den Käufer darstellt oder dieser ein solches erst mit Vorlage an der Kasse selbst abgibt.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Bindendes Angebot1

Nach dieser Ansicht ist das Bereitstellen der Ware als bindendes Angebot des Verkäufers zu sehen.

Argumente für diese Ansicht

Schutzbedürftigkeit

Der Verkäufer ist in Bezug auf seine Willenserklärung in dem Moment nicht mehr schutzbedürftig, in dem er die Ware so bereitstellt, dass ein potenzieller Käufer sie ohne weiteres nehmen kann. Es handelt sich dann um ein bindendes Angebot.

Essentialia negotii liegen vor

Stellt der Verkäufer die Waren aus, sodass der potenzielle Käufer sie nehmen und bezahlen kann und sind sie mit einer Preisauszeichnung versehen, so handelt es sich um ein konkretes Angebot seitens des Verkäufers, welches der Käufer durch das Vorlegen an der Kasse annimmt.

2. Ansicht - Nur Invitatio ad offerendum2

Nach dieser Ansicht handelt es sich bei dem Bereitstellen der Ware um eine reine invitatio ad offerendum, also eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots. Der Antrag folgt erst mit Vorlegung des Kaufgegenstandes durch den Käufer an der Kasse, wobei dieses dann durch das Verbuchen des Preises in der Kasse konkludent angenommen wird.

Argumente für diese Ansicht

Auswahl des Vertragspartners

Der Verkäufer hat ein berechtigtes Interesse an der Auswahl seines Vertragspartners. Wäre das reine Bereitstellen der Ware bereits als bindendes Angebot zu sehen, hätte der Verkäufer keine Möglichkeit mehr den Vertragspartner auszuwählen. Dies widerspräche jedoch dem Sinn der Vertragsfreiheit sowie der Privatautonomie und könnte in einem Kontrahierungszwang münden.

Überprüfung des Geschäftsvorgangs

Nimmt der Kunde die bereitgestellte Ware und zeigt sie an der Kasse vor, kann das Kassenpersonal das Angebot noch selbst von der Einhaltung bestimmter Bedingungen abhängig machen. So kann beispielsweise der Preis oder die Liquidität des Kunden geprüft werden und dann eine Entscheidung getroffen werden, ob es zu einem Vertragsabschluss kommen soll. Ebenso kann der Verkäufer hinsichtlich der Lieferbarkeit oder der abzugebenden Mengen noch eingreifen.

  • 1. Grüneberg/Ellenberger, 81. Auflage 2022, § 145, Rn. 8; BeckOKBGB/Eckert, § 145 Rn. 43 (Nov. 2023).
  • 2. BGH NJW 1980, 1388; MüKoBGB/Busche, 9. Auflage 2021, § 145 Rn. 12.

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